Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die
Kosten des Verfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben.
Das Urteil ist
hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die
Kläger wenden sich gegen eine den Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zur
Vorgartengestaltung mit Errichtung von Stützmauern.
Sie
sind Eigentümer des in B. gelegenen Grundstücks Im R. XX, Flur X Flurstücke
XX/2 und XX (zwischenzeitlich zu einem Flurstück vereinigt). Den Beigeladenen
gehört das östlich angrenzende Grundstück Im R. XX, Flur X Flurstück XX/3.
Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „R. - I. R.“ der
Beklagten und fallen von Süd nach Nord ab.
Mit
Bauschein vom 16. September 1971 wurde dem Rechtsvorgänger der Beigeladenen die
bauaufsichtliche Genehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück
Flurstück XX/3 erteilt.
Mit
weiterem Bauschein vom 24. November 1993 erteilte die Beklagte den Beigeladenen
die bauaufsichtliche Genehmigung zum Neubau einer Doppelgarage sowie eines
geneigten Dachs auf dem bestehenden Flachdach des Wohnhauses.
Am 30.
Dezember 2015 beantragten die Beigeladenen die bauaufsichtliche Genehmigung zur
Neugestaltung des Vorgartens unter Errichtung von Stützmauern. Ausweislich der
dem Bauantrag beigefügten Baupläne sollen mehrere parallel zur Straße im R.
verlaufende Stützmauern – teils mit Versprüngen – errichtet werden. Dabei verlaufen
die als Stützmauern 1 und 2 bezeichneten Mauern mit einer Breite von jeweils
0,3 m und – bezogen auf das vorhandene Grundstücksniveau auf dem Grundstück der
Beigeladenen – einer Höhe von 2,47 m (Stützmauer 1) bzw. 2,60 m (Stützmauer 2)
senkrecht auf das klägerische Grundstück zu.
Mit
Bauschein vom 15. Januar 2016 erteilte die Beklagte den Beigeladenen die
beantragte Baugenehmigung. Ein Abdruck wurde den Klägern am 19. Januar 2016
zugestellt.
Mit
ihrem am 10. Februar 2016 erhobenen Widerspruch trugen die Kläger vor, die
genehmigten Stützmauern stünden nicht mit Abstandsflächenrecht in Einklang. Sie
seien bereits nach § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO unzulässig, da sie mit 2,47 m bzw. 2,60
m die höchstzulässige Höhe für Stützmauern von 2 m überschritten. Bezogen auf
die natürliche Geländeoberfläche auf ihrem Grundstück seien die Stützmauern
noch deutlich höher. Überdies seien die Mauern ihnen gegenüber rücksichtslos,
da von ihnen eine erdrückende Wirkung ausgehe. Die Belichtung ihres Grundstücks
werde speziell in den Sommermonaten bis in den Nachmittag hinein erheblich
eingeschränkt.
Der
Widerspruch der Kläger wurde durch Widerspruchsbescheid vom 11. November 2016
zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die
Abstandsflächenvorschriften seien nicht verletzt. Insbesondere gingen von den
streitgegenständlichen Stützmauern keine Wirkungen wie von oberirdischen
Gebäuden aus. Im Übrigen sei hinsichtlich der Höhe der Mauern auf das
Grundstücksniveau auf dem Grundstück der Beigeladenen abzustellen, welche vor
rund 45 Jahren hergestellt worden und damit natürliche Geländeoberfläche sei.
Nach Zustellung
des Widerspruchsbescheids am 15. November 2016 haben die Kläger am 8. Dezember
2016 Klage erhoben. Sie tragen unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens
ergänzend vor: In Anbetracht ihres Umfangs und der Größe gingen von den beiden
Stützmauern Wirkungen wie von oberirdischen Gebäuden aus. Es sei unzutreffend,
dass die Geländeoberfläche auf dem Grundstück der Beigeladenen vor 45 Jahren
modelliert worden sei, denn das jetzige Geländeniveau finde seine Grundlage in
der 1993 genehmigten Errichtung der Doppelgarage auf dem Grundstück der
Beigeladenen. Die Mauern böten eine erhöhte Einsichtsmöglichkeit in ihr
Grundstück. Jedenfalls verstießen sie gegen § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO. Insoweit
spiele es keine Rolle, dass sie nicht parallel zu ihrer Grundstücksgrenze
verliefen, denn eine solche Differenzierung sei dem Abstandsflächenrecht fremd.
Schließlich gehe von den Stützmauern eine erdrückende Wirkung in Bezug auf ihr
Grundstück aus.
Die
Kläger beantragen,
die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15. Januar
2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. November 2016 aufzuheben.
Die
Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie
trägt unter Bezugnahme auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid vor, die
Ausführungen der Kläger zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Belichtung
und Besonnung ihres Grundstücks seien im Hinblick auf die Lage der Grundstücke
nicht nachvollziehbar. Die Geländetopografie auf dem Grundstück der
Beigeladenen sei ausweislich der Bauakten im Wesentlichen 1971 entstanden.
Infolge des senkrechten Verlaufs der Mauern auf das Grundstück der Kläger finde
das Stützmauerprivileg keine Anwendung.
Die
Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Sie
tragen vor, seit 1971 sei das Gelände im Bereich der streitgegenständlichen
Mauern nicht mehr verändert worden. Die in den 1990er Jahren errichtete
Doppelgarage ende vorher. Den Klägern sei beim Kauf ihres Grundstücks im Jahr
1993 das unterschiedliche Geländeniveau bekannt gewesen. Von einer unzumutbaren
Verschattung könne aufgrund der Lage der Grundstücke keine Rede sein. Eine
Verschattung könne allenfalls von dem 1972 auf ihrem Grundstück errichteten
Wohngebäude ausgehen.
Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze
der Beteiligten in den Gerichtsakten sowie auf die vorgelegten Bau- und
Widerspruchsakten der Beklagten einschließlich der Planaufstellungsakten des
Bebauungsplans „R. – I. R.“ Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die
zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die den Beigeladenen erteilte
Baugenehmigung vom 15. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.
November 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§
113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach §
70 Abs. 1 Satz 1 der Landesbauordnung – LBauO – ist die Baugenehmigung zu
erteilen, wenn dem Vorhaben keine baurechtlichen oder sonstigen
öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Der Nachbar kann indes die
Aufhebung der Baugenehmigung nur dann und insoweit beanspruchen, als diese
gegen Vorschriften verstößt, die gerade auch seinem Schutz zu dienen bestimmt
sind. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
In
bauplanungsrechtlicher Hinsicht beurteilt sich das Vorhaben der Beigeladenen
nach § 30 Abs. 1 BauGB, denn es liegt im Geltungsbereich des rechtsgültigen
qualifizierten Bebauungsplans „R. – I. R.“ der Beklagten. Dieser setzt
hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung für die Grundstücke der Kläger und
der Beigeladenen ein reines Wohngebiet (WR) fest. In einem solchen Baugebiet
sind Stützmauern und Einfriedungen als ungeordnete Nebenanlagen und
Einrichtungen im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO grundsätzlich zulässig.
Dies gilt vorliegend für das streitgegenständliche Vorhaben, denn dieses ist
sowohl in seiner Funktion als auch räumlich-gegenständlich dem primären
Nutzungszweck des in dem Baugebiet gelegenen Grundstücks der Beigeladenen sowie
der diesem Nutzungszweck entsprechenden Wohnbebauung dienend zu- und
untergeordnet.
Das
Vorhaben der Beigeladenen verstößt auch ansonsten nicht gegen nachbarschützende
Vorschriften. Es steht insbesondere mit der das Rücksichtnahmegebot
konkretisierenden Abstandsflächenvorschrift des § 8 LBauO in Einklang (1) und
erweist sich in Bezug auf das klägerische Grundstück auch ansonsten nicht als
rücksichtslos (2).
1) Das
Vorhaben der Beigeladenen verstößt nicht zu Lasten der Kläger gegen
Abstandsflächenrecht. Zwar überschreiten die beiden Mauern ausweislich der
genehmigten Baupläne mit 2,47 m bzw. 2,60 m die in § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO
enthaltene Höhenbegrenzung; indes ist diese Vorschrift vorliegend nicht
anwendbar (a). Sie sind auch im Übrigen ohne Einhaltung von Abstandsflächen
zulässig, weil von dem Vorhaben der Beigeladenen keine gebäudegleiche Wirkung
ausgeht (b).
a)
Gemäß § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO sind ohne eigene Abstandsflächen und in den
Abstandsflächen von Gebäuden Einfriedungen und Stützmauern bis zu 2 m Höhe, in
Gewerbe- und Industriegebieten ohne Begrenzung der Höhe zulässig. Diese
Vorschrift stellt eine für Einfriedungen und Stützmauer spezielle,
abschließende Regelung dar, die einen Rückgriff auf § 8 Abs. 8 Sätze 1 und 2
LBauO ausschließt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22. Februar 2017 – 15 CS 16.1883
–, juris Rn. 24; OVG RP, Urteil vom 28. März 2001 – 8 A 12042/00.OVG –, juris
Rn. 37; Beschluss vom 6. Juni 2011 – 8 A 10377/11.OVG –, juris Rn. 7; VG Mainz,
Urteil vom 11. November 2015 – 3 K 431/15.MZ –, juris Rn. 37; Jeromin, LBauO
RhPf, 4. Auflage 2016, § 8 Rn. 114). § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO ist vorliegend
indes nicht anwendbar. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, stellen die
streitgegenständlichen Mauern keine Einfriedungen im Sinne dieser Vorschrift
dar. Sie sind in Bezug auf das Grundstück der Kläger aber auch keine
Stützmauern.
Der
Begriff der Stützmauer wird – obgleich in § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO vorausgesetzt
– in der Landesbauordnung selbst nicht (legal)definiert. Insofern ist er nach
seinem Wortsinn und dem gewöhnlichen Sprachgebrauch auszulegen. Angesichts des
technischen Charakters baulicher Anlagen kann dabei mangels anderer
Erkenntnisse auch auf allgemein anerkannte technische Begriffsdefinitionen
abgestellt werden (vgl. VGH BW, Urteil vom 22. März 2017 – 11 S 266/13 –, juris
Rn. 46). Ausgehend von der Definition des Stützbauwerks – wie sie sich etwa in
Ziffer 9.1.2 der DIN EN 1997-1:2014-03 „Eurocode 7 – Entwurf, Berechnung und Bemessung
in der Geotechnik – Teil 1: Allgemeine Regeln“ findet – sind Stützbauwerke solche
Tragwerke, die einen Untergrund abstützen, der Boden, Fels oder Hinterfüllung
und Wasser enthält. Ein Material ist danach gestützt, wenn es in steilerer
Neigung gehalten wird als die, unter der es sich ohne ein stützendes Tragwerk
einstellen würde. Stützbauwerke umfassen alle Arten von Wänden oder
Stützsystemen, bei denen Bauteile durch Kräfte aus dem gestützten Material
beansprucht werden. Ein Stützbauwerk zur Stützung und Begrenzung von Böschungen
oder Hängen ist – nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch und damit auch im Sinne
des hier anzuwendenden § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO – eine Stützmauer (vgl. VGH BW,
Urteil vom 22. März 2017, a.a.O. Rn. 47), und zwar unabhängig davon, ob es aus
einzelnen Steinen oder wie im vorliegenden Fall aus Beton besteht.
Maßgeblich
für die Eigenschaft als Stützmauer ist mithin die Funktion, ein dahinter
gelegenes Gelände zu einer bestimmten Seite hin anzufangen. Dies setzt
regelmäßig voraus, dass eine Stützwand die Parallelität zu dem dahinter
gelegenen Gelände – und soweit sie abstandsflächenrechtlich von Bedeutung ist –
zu dem Nachbargrundstück erfordert, um diese Funktion zu erfüllen. Hiernach
können die beiden streitgegenständlichen Mauern in Bezug auf das Grundstück der
Kläger nicht als Stützmauern (im Sinne von § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO) angesehen
werden, denn sie treffen ausweislich der genehmigten Baupläne in einem Winkel
von 90° mit einer Breite von jeweils rund 0,3 m auf das klägerische Grundstück
und sind insoweit in Bezug auf dieses zum Abfangen des höher gelegenen
Grundstücks der Beigeladenen ungeeignet. Die Kläger haben überdies in der
mündlichen Verhandlung selbst angegeben, dass die beiden Mauern lediglich
gestalterische Funktion im Hinblick auf die Vorgartengestaltung des Grundstücks
der Beigeladenen hätten.
b) Die
streitgegenständlichen Mauern sind auch im Übrigen ohne Einhaltung von
Abstandsflächen zulässig. § 8 Abs. 1 Satz 1 LBauO, der die grundsätzliche
Pflicht zur Einhaltung von Abstandsflächen statuiert, ist schon deshalb nicht
anwendbar, weil es sich bei dem Vorhaben der Beigeladenen nicht um ein Gebäude
handelt. Eine Pflicht zur Einhaltung von Abstandsflächen ergibt sich indes auch
nicht aus § 8 Abs. 8 Satz 1 LBauO).
Nach §
8 Abs. 8 Satz 1 LBauO finden die Absätze 1 bis 7 auf solche baulichen Anlagen
Anwendung, von denen Wirkungen wie von oberirdischen Gebäuden ausgehen.
Hintergrund dieser Regelung ist, dass nicht nur von oberirdischen Gebäuden,
sondern auch von anderen baulichen Anlagen negative Auswirkungen auf die
Belichtung und Belüftung benachbarter Gebäude ausgehen können, so dass es
sachgerecht ist, die Abstandsflächenregelungen auch auf diese baulichen Anlagen
anzuwenden (vgl. Jeromin, a.a.O. § 8 Rn. 104). Bestimmte Mindestmaße für
sonstige bauliche Anlagen werden dabei nicht vorgegeben; vielmehr ist die
Anwendbarkeit des Abstandsflächenrechts auf sonstige bauliche Anlagen im
Einzelfall zu prüfen (Jeromin, a.a.O. § 8 Rn. 105).
Wann
von einer baulichen Anlage eine gebäudegleiche Wirkung ausgeht, ist, da § 8
Abs. 8 LBauO dies nicht näher regelt, mit Blick auf die Schutzzwecke des
Abstandsflächengebots zu ermitteln. Die Abstandsflächen sollen eine
Brandübertragung verhindern, eine ausreichende Belichtung, Besonnung und
Belüftung in den Räumen der Gebäude und der Gebäude zueinander gewährleisten
und nach dem überkommenen Verständnis der Abstandsvorschriften auch sozialen
Zwecken, nämlich der Sicherung der „Privatheit“ und der Wahrung des
Wohnfriedens dienen. Zentraler Zweck ist es auch, unzumutbare Belästigungen zu
verhüten und die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und
Arbeitsverhältnisse zu verwirklichen (vgl. OVG RP, Urteil vom 19. Januar 2006 –
1 A 10845/05.OVG –, NVwZ-RR 2006, 768 = juris Rn. 21). Eine Einschränkung
erfährt dieser Schutzzweck aber im Falle von Anlagen, von denen Wirkungen wie
von oberirdischen Gebäuden ausgehen; wie sich aus § 8 Abs. 8 Satz 2 LBauO
entnehmen lässt, spielen bei solchen Anlagen nur die Belichtung und Besonnung
sowie der Brandschutz abstandsrechtlich eine Rolle, nicht aber die Wahrung des
Wohnfriedens (vgl. OVG RP, Beschluss vom 3. Januar 2007 – 8 A 11422/06.OVG –, S.
3 BA; Urteil vom 22. September 2000 – 1 A 10952/00.OVG –, NVwZ-RR 2001, 290 =
juris Rn. 20). Hiervon ausgehend kommt eine die Einhaltung von Abstandsflächen
auslösende gebäudegleiche Wirkung solchen oberirdischen baulichen Anlagen zu,
die Gebäuden vergleichbare Abmessungen haben und aus diesem Grund die mit dem
Abstandsflächenrecht verfolgten Schutzzwecke beeinträchtigen (vgl. BayVGH,
Urteil vom 9. August 2007 – 25 B 05.1341 –, juris Rn. 41; OVG RP, Urteil vom
13. Oktober 1993 – 8 A 12355/92.OVG –, AS 24, 149 = juris Rn. 24). Demzufolge
kann erst bei sonstigen baulichen Anlagen mit Höhen von mehr als 2 m und Längen
ab 3 m bis 5 m davon gesprochen werden, dass die bauliche Anlage eine
Gebäudegleiche Wirkung hat und deshalb ein Bedürfnis nach der Einhaltung von
Abstandsflächen auslöst (vgl. Saarl.OVG, Urteil vom 26. November 1996 – 2 R
20/95 –, BRS 58 Nr. 175 = juris Rn. 41; VG Neustadt/Wstr, Urteil vom 17. April
2008 – 4 K 25/08.NW –, juris Rn. 34). Hiernach ist davon auszugehen, dass die
zwar mehr als 2 m hohen, aber mit einer gegenüber den Klägern wirksamen Breite
von ca. 0,3 m geplanten Mauerscheiben keine gebäudegleiche Wirkung entfalten,
da sie die Belichtung, Besonnung und Belüftung auf ihrem Grundstück nicht
nachteilig beeinflussen können (vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 14. Juni 2016 –
2 CS 16.836 –, juris Rn. 10 [betreffend eine Schallschutzwand mit einer auf das
Nachbargrundstück zulaufenden Breite von rund 0,5 m]).
2) Das
Vorhaben der Beigeladenen verstößt auch im Übrigen nicht zu Lasten der Kläger
gegen das partiellen Drittschutz vermittelnde Gebot der Rücksichtnahme.
Das in
§ 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO bzw. im Begriff des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB
enthaltene Gebot der Rücksichtnahme betrifft das Austauschverhältnis zwischen
dem Baugrundstück und der in der unmittelbaren Nähe vorhandenen Bebauung. Es
stellt ab auf den engeren Kreis der in nachbarlicher Beziehung stehenden
Grundstücke, d. h. auf die gegenseitige Verflechtung der baulichen Situation
unmittelbar benachbarter Grundstücke (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September
2010 – 4 C 7/10 –, NVwZ 2011, 436 = juris Rn. 23). Welche Anforderungen das
Gebot der Rücksichtnahme hiernach im Einzelnen begründet, hängt wesentlich von
den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung
desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt,
umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und
unabweisbarer demgegenüber die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind,
umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht
zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem
Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten
nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2012 –
4 C 11/11 –, BVerwGE 145, 290 = juris Rn. 32).
Gemessen
an diesen Voraussetzungen erweisen sich die beiden Streitgegenständlichen
Mauern ungeachtet des Umstandes, dass sie augenscheinlich keine technische
Funktion haben, den Klägern gegenüber nicht als rücksichtslos. Insbesondere
geht von den Vorhaben aufgrund seiner optischen Gestaltung und seines geplanten
Standortes auf dem Baugrundstück in Bezug auf das klägerische Grundstück keine
die Grenze der Zumutbarkeit übersteigende Abriegelungswirkung bzw. keine
erdrückende Wirkung aus.
Eine
bauliche Anlage kann bei Beachtung der notwendigen Abstandsflächen, die den
Belangen einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung Rechnung
tragen sollen, gegenüber dem Nachbargrundstück rücksichtslos sein, wenn
aufgrund ihres Erscheinungsbildes und ihres Standortes eine
Abriegelungswirkung, das Gefühl des „Eingemauertseins“ oder gar eine
„Gefängnishofsituation“ entsteht (vgl. OVG Nds., Beschluss vom 15. Januar 2007,
1 ME 80/07 –, ZfBR 2007, 284 = juris Rn. 13; OVG Bremen, Urteil vom 25. Oktober
2002 – 1 A 88/02 –, BRS 65 Nr. 81 = juris Rn. 36). Eine solche Wirkung liegt
allerdings nicht schon dann vor, wenn die bisherigen Verhältnisse durch eine
bauliche Verdichtung nachteilig verändert werden. Vom Neubauvorhaben muss
vielmehr aufgrund seiner optischen Präsenz und Lage eine qualifizierte,
handgreifliche Störung auf das Nachbargrundstück ausgehen; diesem muss
gleichsam die Luft zum Atmen genommen werden (vgl. OVG RP, Beschluss vom 27.
April 2015 – 8 B 10304/15.OVG –, juris Rn. 11; OVG Nds., Beschluss vom 25.
Januar 2007, a.a.O. = juris Rn. 13). Hiervon ausgehend kommt die Annahme einer
Abriegelungswirkung oder eine erdrückende Wirkung nur unter besonderen
Umständen in Betracht. So wurde in der Rechtsprechung eine erdrückende Wirkung
dann angenommen, wenn in unmittelbarer Nähe eines nur zweieinhalb-geschossigen
Gebäudes ein zwölfgeschossiges Hochhaus errichtet werden sollte. Ferner wurde
eine solche Fallgestaltung bei einer Situation bejaht, in der drei Silos von
jeweils 11,50 m Höhe an der Grenze eines lediglich 7 m breiten Grundstücks
errichtet wurden. Daneben wurde ein Einmauerungseffekt oder eine Riegelwirkung
in dem Falle für möglich gehalten, in dem das Grundstück auf drei Seiten von
jeweils 70 m, 30 m und 20 m langen und ca. 9 m hohen Hallen eingeschlossen
werden sollte (vgl. hierzu OVG RP, Beschluss vom 8. September 2014 – 1 A
10851/14.OVG –, S. 5 BA m.w.N.). Hingegen wurde eine erdrückende Wirkung bzw.
eine Abriegelungswirkung verneint bei einer zwischen 5,02 m und 7,10 m hohen
und 16,87 m bzw. 33,27 m langen Bebauung, die das Nachbargrundstück an 2 Seiten
abriegelt (vgl. OVG RP, Beschluss vom 27. April 2015, a.a.O. Rn. 8 f.), ferner
bei einem L-förmigen Gebäude mit zum Teil 17,50 m hohen Wänden (vgl. OVG NW,
Urteil vom 19. Juli 2010 – 7 A 3199/08 –, BauR 2011, 248 = juris Rn. 6, 60). In
Anbetracht dessen kann in Bezug auf die beiden streitgegenständlichen Mauern
nicht einmal ansatzweise von einer erdrückenden Wirkung bzw. von einem
Abgeriegeltsein gesprochen werden, und zwar auch dann, wenn man bei der
Bewertung auf das tatsächlich vorhandene Geländeniveau der beiden Grundstücken
abstellt und zudem in Blick nimmt, dass zwischen den bis an die
Grundstücksgrenze reichenden Mauerscheiben und dem Wohnhaus der Kläger ein nur
rund 4,70 m breiter Grundstücksteil verbleibt, über den der Zugang zum Haus der
Kläger führt.
Die
Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
Der
Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der
Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 7.500,00 € festgesetzt (§ 52
Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit).