vorgehend
VG Koblenz, 1 K 942/19.KO
Tenor
Der
Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des
Verwaltungsgerichts Koblenz vom 26. März 2020 wird abgelehnt.
Die Klägerin hat die Kosten des
Berufungszulassungsverfahrens zu tragen.
Der
Wert des Streitgegenstandes wird auf 6.500,00 € festgesetzt.
Gründe
Der
Berufungszulassungsantrag hat keinen Erfolg.
Die
geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3
Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – liegen nicht vor.
I.
Die
Klägerin, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, ist eine Hegegemeinschaft
nach § 13 Abs. 2 Landesjagdgesetz – LJG –. Der Beklagte ist Jäger und Pächter
zweier Jagdbezirke (...) und als solcher (auch) Mitglied der Klägerin.
Mit
Schreiben vom 21. November 2017 warf der Disziplinarausschuss der Klägerin dem
Beklagten mehrere Verstöße gegen die Disziplinarordnung – DiszO – der Klägerin
vor und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme. Auf dieses Schreiben, dessen
Zugang er bestreitet, reagierte der Beklagte nicht.
Mit
Disziplinarbeschluss vom 19./22. März 2018 wurde der Beklagte verpflichtet, an
die Klägerin eine Sanktionszahlung in Höhe von 6.500,00 € zu leisten. Er habe
im Jagdjahr 2017/2018 zwei nicht freigegebene Hirsche der Klasse II erlegt und
den körperlichen Nachweis nicht erbracht sowie für einen Hirsch der Klasse III
den körperlichen Nachweis nicht erbracht. Die Nichterbringung des körperlichen
Nachweises sei nach entsprechenden Versäumnissen des Beklagten im vergangenen
Jahr wiederholt festzustellen. Es seien damit zwei Fälle nach § 4 Abs. 2 DiszO
mit einer jeweiligen Sanktionszahlung von 2.500,00 € und drei Fälle nach § 6
DiszO mit einer jeweiligen Sanktionszahlung von 500,00 € zu belegen, was in
Summe 6.500,00 € ergebe. Der Beklagte leistete nach Erhalt des Beschlusses
keine Zahlung.
In der
Folge wurde auf Antrag der Klägerin ein Mahnbescheid über die Forderung nebst
Zinsen und Kosten gegen den Beklagten erlassen. Nach Widerspruch und
zwischenzeitlicher Abgabe des Verfahrens an das Landgericht Bad Kreuznach wurde
das Verfahren letztlich an das Verwaltungsgericht Koblenz verwiesen.
Die
Klägerin hat erstinstanzlich die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung von
6.500,00 € nebst Zinsen beantragt und zur Begründung vorgetragen, der Beschluss
sei mangels Klageerhebung rechtskräftig (§ 13 DiszO). Sie sei keine Behörde und
der Disziplinarbeschluss kein vollstreckbarer Verwaltungsakt, sodass weder das
Verwaltungsvollstreckungsgesetz noch das Verwaltungsverfahrensgesetz zur
Anwendung kommen könnten.
Der Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen:
Wegen mehrerer Verfahrensmängel sei der Disziplinarbeschluss nicht
ordnungsgemäß zustande gekommen sei; zudem habe er keine Rechtsbehelfsbelehrung
enthalten. Der Verweis der Klägerin auf § 13 DiszO innerhalb der Klageschrift
genüge den Anforderungen einer nachträglichen Belehrung nicht. Daher sei analog
§ 58 Abs. 2 VwGO aufgrund unterbliebener Belehrung des Beklagten die Einlegung
des Rechtsbehelfs binnen Jahresfrist seit Zustellung des Disziplinarbeschlusses
möglich.
Das Verwaltungsgericht hat die Zahlungsklage
abgewiesen. Die Klägerin habe kein Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung einer
allgemeinen Leistungsklage, da sie die
streitgegenständliche Sanktionszahlung im Wege eines Verwaltungsaktes
festgesetzt habe, dessen Vollstreckung sich nach dem Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz
– LVwVG – richte. Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine allgemeine
Leistungsklage einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gegen eine
natürliche Person setze nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
grundsätzlich voraus, dass sie die begehrte Entscheidung nicht selbst durch
Verwaltungsakt treffen könne. Eine nach dieser Rechtsprechung zu erwägende
Ausnahme von diesem Grundsatz scheide aus, weil die Klägerin bereits einen
Verwaltungsakt erlassen habe. Der Disziplinarbeschluss stelle sich materiell
als Verwaltungsakt im Sinne von § 1 Abs. 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG
– i.V.m. § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – dar. Bei der
Klägerin handele es sich um eine Behörde im Sinne von § 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m.
§ 35 Satz 1 VwVfG. Zu den durch die Klägerin wahrgenommenen Aufgaben der
öffentlichen Verwaltung zählten etwa die Erstellung eines Abschussplanes (§ 31
Abs. 3 LJG) und die Vorgabe und der Vollzug der Abschusskontrolle durch den körperlichen
Nachweis erlegter Stücke der zu bewirtschaftenden Wildart, sofern keine
behördliche Abschussfestsetzung vorliege (§ 15 Abs. 2 Nr. 5
Landesjagdverordnung – LJVO –). Bei dem Disziplinarbeschluss handele es sich
aufgrund seiner dem Über-/Unterordnungsverhältnis geschuldeten Einseitigkeit
auch um eine hoheitliche Maßnahme, die zur Regelung eines Einzelfalles – nämlich
demjenigen des Beklagten – auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts – hier: dem
Gebiet des Jagdrechts – ergehe; die Maßnahme entfalte aufgrund ihres
sanktionierenden Charakters und der Betroffenheit des Vermögens des Beklagten
auch unmittelbare Rechtswirkung nach außen. Die Klägerin sei zur Beitreibung
der mit Verwaltungsakt festgesetzten „Sanktionszahlung“ auf die durch das
öffentliche Recht bereitgehaltenen Vollstreckungsmöglichkeiten zu verweisen.
II.
1. An
der Richtigkeit dieses Gerichtsbescheids bestehen keine ernstlichen Zweifel (§
124 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –). Denn es lässt sich
bereits jetzt feststellen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts der
rechtlichen Überprüfung standhält, ohne dass die Durchführung eines
Berufungsverfahrens erforderlich wäre. In diesem Fall scheidet auch die
Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aus (vgl. hierzu Seibert, in:
Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 108). Das Verwaltungsgericht hat
die Klage zu Recht mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen,
weil die Klägerin die begehrte Entscheidung selbst durch Verwaltungsakt treffen
kann und einen solchen mit dem Beschluss vom 19./22. März 2018 auch bereits
erlassen hat.
Zur
Begründung kann auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung
verwiesen werden (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend wird auch im Hinblick
auf das Zulassungsvorbringen ausgeführt:
a)
Zunächst ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass das
Rechtsschutzbedürfnis für eine allgemeine Leistungsklage trotz der Möglichkeit
zur Verwirklichung eines Anspruchs durch Verwaltungsakt über die Fälle, in
denen das zugrunde liegende materielle Recht die Behörde zum Erlass eines
Verwaltungsakts verpflichtet, hinaus auch – und erst recht – dann nicht gegeben
ist, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts bereits einen
Verwaltungsakt erlassen hat (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 12. Dezember
1974 – V C 25.74 –, juris Rn. 5, für einen unanfechtbaren Leistungsbescheid;
Ehlers, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Januar 2020, Vorbemerkung § 40
Rn. 84, zu titulierten Ansprüchen).
b) Das
Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend angenommen, dass der
Disziplinarbeschluss vom 19./22. März 2018 ein von der Klägerin als Behörde
erlassener Verwaltungsakt ist (§ 1 Abs. 1 LVwVfG i.V.m. § 35 Satz 1 und § 1
Abs. 4 VwVfG). Die Klägerin macht zur Begründung ihrer Richtigkeitszweifel an
der Entscheidung insofern geltend, sie sei – wie sich auch aus einer
Entscheidung des Senats vom 21. Februar 2017 (8 A 11328/16) ergebe – keine
Behörde i.S.d. § 1 Abs. 4 VwVfG, da sie im Zuge der Neuregelung des Jagdrechts
in Rheinland-Pfalz nicht etwa behördliche Aufgaben oder Befugnisse erhalten
habe; sie verfolge vielmehr lediglich das Ziel der Bewirtschaftung von Rot-,
Dam- oder Muffelwild. Behördliche Zuständigkeiten seien ihr nur im Zusammenhang
mit den Jagdbehörden zugewiesen. Sie sei eine „Art Verein“, der zur
Ermöglichung einer Pflichtmitgliedschaft als Körperschaft öffentlichen Rechts
ausgestaltet worden sei. Diese Rechtsauffassung der Klägerin teilt der Senat
nicht.
Wie
das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, werden den Hegegemeinschaften
in § 31 Abs. 3 LJG und § 15 Abs. 2 LJVO eindeutig Aufgaben zur eigenständigen
Erledigung und nicht etwa nur die Durchführung unselbstständiger
Vorbereitungshandlungen zugewiesen (vgl. hierzu auch Schaefer, in: Praxis der Kommunalverwaltung,
Rheinland-Pfalz, LJG, Stand: Oktober 2016, § 13 Erl. 3. Mai 1). Dies ergibt
sich nicht zuletzt auch aus der eindeutigen Überschrift des § 15 LJVO („Ziel
und Aufgaben der Hegegemeinschaft“) und der Unterscheidung zwischen dem in Abs.
1 benannten Ziel und den in Abs. 2 aufgelisteten Aufgaben. Dass die zuständige
(Jagd-)Behörde nach §§ 31 Abs. 6 und 12 LJG und §§ 39 Abs. 3, 40 Abs. 4 LJVO
ebenfalls Befugnisse im Rahmen der Abschussregelung erhält, steht der
Aufgabenzuweisung an die Hegegemeinschaften nicht entgegen.
Entgegen
der Ansicht der Klägerin hat der Senat nicht etwa in dem Beschluss vom 21. Februar
2017 – 8 A 11328/16 – abweichend von Vorstehendem entschieden, den
Hegegemeinschaften komme keine Behördeneigenschaft zu und folglich könnten sie
auch keine Verwaltungsakte erlassen (vgl. hierzu auch bereits OVG RP, Beschluss
vom 3. August 2016 – 8 A 10206/16 –, juris: Anfechtungsklage gegen den
Umlagebescheid einer Hegegemeinschaft nach Widerspruchsverfahren). Die o.g.
Entscheidung des Senats vom 21. Februar 2017 verhält sich – soweit hier
relevant – lediglich zu der hier nicht relevanten Frage, ob die
Hegegemeinschaft selbst auch Jagdrechtsinhaberin oder jagdausübungsberechtigt
ist und ob sie die Mindestabschusspläne nach § 31 Abs. 6 LJG selbst erfüllen
kann oder deren Erfüllung gegenüber ihren Mitgliedern durchsetzen kann. Hinzu
kommt noch, dass der Senat in dieser Entscheidung sogar ausdrücklich
vorausgesetzt hat, dass den Hegegemeinschaften nach § 31 Abs. 3 LJG i.V.m. § 15
Abs. 2 Nr. 3 LJVO die Aufgabe der Erstellung eines Gesamtabschussplanes und
dessen Aufteilung auf Teilabschusspläne zukomme (juris Rn. 7). Aus dem
Beschluss folgt auch nicht etwa – wie die Klägerin aber meint –, dass nach dem
Verständnis des Senats ein Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen den
Hegegemeinschaften und den Jagdausübungsberechtigten und damit der Erlass eines
Verwaltungsakts ausscheidet. Die Ausführungen beschränken sich vielmehr auf die
Frage, ob die Hegegemeinschaft speziell die Erfüllung der Abschusspläne
gegenüber ihren Mitgliedern durchsetzen kann. Wie sich auch aus der o.g.
weiteren Entscheidung des Senats zur Anfechtungsklage gegen einen
Umlagebescheid ergibt, lässt dies jedoch nicht darauf schließen, dass der Senat
den Hegegemeinschaften die Verwaltungsaktsbefugnis abspricht.
Schließlich
ist anzumerken, dass das Vorbringen der Klägerin widersprüchlich ist, soweit
sie weiter anzweifelt, dass der Beschluss einen Verwaltungsakt darstellen
könne. Denn andererseits betont sie in ihrem Zulassungsvorbringen erneut, dass
der Beschluss „rechtskräftig“ geworden sei, da er nicht mit dem in der DiszO
vorgesehenen Rechtsmittel der Klage vor dem Verwaltungsgericht angefochten
worden sei. Daraus schließt der Senat, dass auch die Klägerin selbst ihrer
Disziplinarentscheidung im Widerspruch zu ihrem sonstigen Vortrag
Verwaltungsaktsqualität zuschreibt, da anderenfalls – also im Falle der
Einstufung des Beschlusses als bloße Zahlungsaufforderung und nicht als
verbindliche Zahlungsregelung (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 26. April 1968 –
VI C 113.67 –, beck-online) – nicht nachvollziehbar wäre, warum die Klägerin
unter Verweis auf § 13 DiszO von dem Beklagten erwarten sollte, den Beschluss
vor dem Verwaltungsgericht in einem Gerichtsverfahren anzufechten, um den Eintritt
der Rechtskraft abzuwenden.
2. Die
Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO. Dies würde voraussetzen, dass die Klärung einer bislang ober- oder
höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Frage aus Gründen der Einheit oder
Fortentwicklung des Rechts geboten ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Oktober
2015 – 4 B 24.15 –, juris Rn. 15 [zu § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO]; Seibert, in:
Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 142). Eine konkrete tatsächliche
oder rechtliche Frage, die sie für grundsätzlich bedeutsam hält, formuliert die
Klägerin jedenfalls nicht eindeutig, sodass ihr Vortrag bereits nicht den
Darlegungsanforderungen Rechnung trägt (hierzu Happ, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl.
2019, § 124a Rn. 72). Ungeachtet dessen ergibt sich aus den Ausführungen unter
1. und aus den Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids, dass die
aufgeworfenen Fragen der Behördeneigenschaft der Hegegemeinschaften nach § 13
Abs. 2 LJG und der (möglichen) Verwaltungsaktsqualität eines
Disziplinarbeschlusses einer Hegegemeinschaft wie auch die Frage seiner
Bestandskraft – ungeachtet der Frage, ob letzteres entscheidungserheblich ist –
ohne Weiteres aus dem Gesetz heraus ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens
zu beantworten sind.
Die
Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die
Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.