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Rechtsprechungsarchiv
des Oberverwaltungsgerichts
Rheinland-Pfalz e.V.
Deinhardpassage 1
56068 Koblenz

3 K 757/20.KO

GerichtVG KoblenzAktenzeichen3 K 757/20.KO
EntscheidungsartUrteilDatum
14.12.2020
veröffentlicht in
rechtskräftigNein
Leitsatz
1. Ein Ratsmitglied hat gegen den Bürgermeister aus § 33 Abs. 4 Satz 1 und Abs. 3 GemO einen Anspruch auf Auskunftserteilung über die Höhe der an die Geschäftsführungsmitglieder eines kommunalen Unternehmens gezahlten Gesamtbezüge, sofern die Gemeinde an dem Unternehmen mit mindestens 5 v.H. unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist und dem Gemeinderat diese Information nicht fristgemäß im Beteiligungsbericht zur Verfügung gestellt worden ist. Dies ergibt sich aus der gesetzlichen Wertung des § 90 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GemO.

2. Die allgemeine gesellschaftsrechtliche Vorschrift des § 286 Abs. 4 HGB steht dem speziell bei kommunalen Unternehmen geltenden Informationsanspruch des Gemeinderats über die Höhe der Gesamtvergütung von Geschäftsführern nach § 90 Abs. 2 GemO nicht entgegen.
RechtsgebieteKommunalrecht
SchlagworteAuskunft, Auskunftsanspruch, Bericht, Berichtspflicht, Beteiligung, Beteiligungsbericht, Datenschutz, Gesamtvergütung, Geschäftsführer, Geschäftsführervergütung, gesellschaftsrechtliche Publizitätspflicht, informationelle Selbstbestimmung, Interesse, kommunales Unternehmen, Kommunalrecht, Pflicht, Publizitätspflicht, Recht auf informationelle Selbstbestimmung, schutzwürdige Interessen Dritter, schutzwürdiges Interesse, Selbstbestimmung, Unternehmen, Vergütung, Vergütungszusammensetzung, Verpflichtung, Verschwiegenheit, Verschwiegenheitsverpflichtung
NormenGemO § 20,GemO § 20 Abs 1,GemO § 33,GemO § 33 Abs 3,GemO § 33 Abs 4,GemO § 33 Abs 5,GemO § 90,GemO § 90 Abs 2,GG Art 1,GG Art 1 Abs 1,GG Art 2,GG Art 2 Abs 1,GmbHG § 51,GmbHG § 51a,GmbHG § 51a Abs 1,HGB § 286,HGB § 286 Abs 4
Volltext

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger seine schriftliche Anfrage vom 19. Mai 2020 schriftlich zu beantworten, soweit diese die gewährten Gesamtbezüge der Mitglieder der Geschäftsführung der Unternehmen Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH A., Gesellschaft für Beteiligungen und Parken A. mbH, Betriebsgesellschaft für Schwimmbäder und Nebenbetriebe mbH A. sowie Stadtwerke GmbH A. betrifft. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3 zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch den Kläger mit einer Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls der Kläger nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

1 

Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Beantwortung seiner schriftlichen Anfrage über die Vergütung der Geschäftsführer von vier kommunalen Unternehmen.

2 

Der Kläger gehört dem Bündnis B. (B.) e.V. an und ist Mitglied des Stadtrates der Stadt A. Die Stadt A. ist mit 84,16 % unmittelbar und mit 7,81 % mittelbar an der Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH A., zu 100 % unmittelbar an der Gesellschaft für Beteiligungen und Parken A. mbH sowie an der Stadtwerke GmbH A. mit 0,48 % unmittelbar und mit 50,48 % mittelbar über die Gesellschaft für Beteiligungen und Parken A. mbH beteiligt. Die Stadtwerke GmbH A. halten wiederum 100 % der Anteile an der Betriebsgesellschaft für Schwimmbäder und Nebenbetriebe mbH A.

3 

Mit Schreiben vom 19. Mai 2020 bat der Kläger die Beklagte um schriftliche Auskunft über die Frage, welche Vergütungen die Mitglieder der Geschäftsführung der Gesellschaften

4 

- Gesundheit und Tourismus für A. GmbH

               5 

- Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH A.

               6 

- Gesellschaft für Beteiligungen und Parken A. mbH

               7 

- Betriebsgesellschaft für Schwimmbäder und Nebenbetriebe mbH A.

               8 

- Stadtwerke GmbH A.

9 

pro Jahr erhalten, aufgeteilt nach Fixum, erfolgsbezogenen Komponenten, Sachleistungen und gegebenenfalls erteilten Pensionszusagen oder anderweitigen Zusatzleistungen. Seine Anfrage begründete er damit, dass diese unmittelbar oder mittelbar mehrheitlich von der Stadt A. kontrollierten Unternehmen Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnähmen und ein wichtiger Bestandteil der Organisation und Haushaltsführung in der Stadt A. seien. Da die Geschäftsführer dieser Gesellschaften eine hohe Verantwortung hätten, sei deren Vergütung für den Stadtrat und seiner Mitglieder sehr bedeutsam.

10 

Unter dem 12. Juni 2020 forderte der Kläger die Beklagte unter Hinweis auf § 33 Abs. 4 Gemeindeordnung (GemO) erneut zur Beantwortung seiner Anfrage auf. Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 2. Juli 2020 mit, seine Anfrage an den zuständigen Dezernatsleiter, Bürgermeister C., weitergeleitet und darauf bislang keine Antwort erhalten zu haben. Sie verwies den Kläger daher an Herrn C.

11 

Nachdem sich der Kläger unter dem 20. Juli 2020 nochmals an die Beklagte gewandt hatte, wies diese mit Schreiben vom 12. August 2020 darauf hin, die Anfrage sei an die Geschäftsführer der vom Kläger benannten Unternehmen weitergeleitet und diese seien um Beantwortung der Anfrage gebeten worden. Allerdings seien die Geschäftsführer der Unternehmen Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH A., Gesellschaft für Beteiligungen und Parken A. mbH, Betriebsgesellschaft für Schwimmbäder und Nebenbetriebe mbH A. sowie Stadtwerke GmbH A. zu dieser Auskunft nicht bereit. In dem Schreiben war die Auskunft des Geschäftsführers der Gesundheit und Tourismus für A. GmbH über dessen Vergütung abgedruckt.

12 

Am 31. August 2020 hat der Kläger Klage erhoben, mit welcher er sein Begehren bezüglich der Unternehmen Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH A., Gesellschaft für Beteiligungen und Parken A. mbH, Betriebsgesellschaft für Schwimmbäder und Nebenbetriebe mbH A. sowie Stadtwerke GmbH A. weiterverfolgt. Zur Begründung trägt er vor, er habe einen Anspruch auf Beantwortung seiner Anfrage nach § 33 Abs. 4 GemO. Er benötige die angefragten Informationen, da die Stadt A. ihrer Verpflichtung zur Angabe der Gesamtbezüge der Geschäftsführer von kommunalen Unternehmen in den dem Stadtrat zur Verfügung zu stellenden Beteiligungsberichten nach § 90 Abs. 2 GemO nicht nachgekommen sei. In dem letzten Beteiligungsbericht aus dem Jahr 2015 sei rechtswidrig auf die Angabe der Gesamtbezüge der Gesellschafter verzichtet worden. Seinem Anspruch stünden überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter, insbesondere deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht entgegen. Die Aufgabenwahrnehmung der öffentlichen Hand durch privatrechtlich organisierte Unternehmen könne nicht dazu führen, dass ansonsten bestehende Auskunftsrechte kommunaler Organe nicht wahrgenommen werden könnten. Den schutzwürdigen Interessen Dritter könne hinreichend dadurch Rechnung getragen werden, dass die Daten nicht an Personen außerhalb des Gemeinderats weitergegeben würden.

13 

Der Kläger beantragt sinngemäß,

14 

die Beklagte zu verurteilen, seine schriftliche Anfrage vom 19. Mai 2020 schriftlich zu beantworten, soweit diese nicht das Unternehmen Gesundheit und Tourismus für A. GmbH betrifft.

15 

Die Beklagte beantragt,

16 

die Klage abzuweisen.

17 

Zur Begründung hebt sie hervor, es sei bereits zweifelhaft, ob die Vergütung der Geschäftsführer städtischer Beteiligungsgesellschaften auch der kommunalrechtlichen Befassungskompetenz des Gemeinderats unterliege. Es könne sich dabei um eine ausschließliche Angelegenheit der Gesellschaften handeln. Jedenfalls aber sei nicht ersichtlich, dass die Anfrage des Klägers eine einzelne Angelegenheit betreffe, welche sich auf einen konkreten, nach Ort und Zeit bestimmbaren Lebenssachverhalt beziehe. Denn er habe nicht dargetan, was er mit seiner Anfrage bezwecke. Zudem stehe der Beantwortung seiner Anfrage der berechtigte Schutz der betroffenen Geschäftsführer nach § 33 Abs. 5 GemO entgegen. Angesichts von Ereignissen aus der Vergangenheit bestehe auch die Gefahr einer gesellschaftsfremden und gesellschaftsschädigenden Verwendung der Informationen durch den Kläger. Dieser habe bereits im Jahr 2014 seine Verschwiegenheitspflicht verletzt, wobei es dadurch zu beträchtlichen Rufschädigungen bei der Stadtwerke GmbH A., der Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH A. sowie der Beklagten gekommen sei. Darüber hinaus habe der B. e.V. Auszüge aus einem Prüfbericht zu einer überörtlichen Prüfung der Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH A. durch den Landesrechnungshof veröffentlicht. Auf die Angabe der Gesamtbezüge der Geschäftsführer der vier vom Kläger benannten Unternehmen sei in den Beteiligungsberichten deshalb verzichtet worden, weil dieser grundsätzlichen Mitteilungspflicht § 286 Abs. 4 Handelsgesetzbuch (HGB) entgegenstehe. Nach dieser Vorschrift könne die Mitteilung der Gesamtbezüge unterbleiben, wenn sich anhand dieser Angaben die Bezüge eines Mitgliedes der Organe der Gesellschaft feststellen ließen. Dies sei bei den vom Kläger benannten Unternehmen der Fall gewesen.

18 

Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 19. und 20. November 2020 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

19 

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten sowie den vorgelegten Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

20 

Die im Rahmen der vorliegenden Kommunalverfassungsstreitigkeit zulässige allgemeine Leistungsklage, über welche die Kammer mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO –), hat im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist die Klage unbegründet.

21 

Der Kläger hat Anspruch darauf, dass die Beklagte seine schriftliche Anfrage vom 19. Mai 2020 schriftlich beantwortet, soweit diese die gewährten Gesamtbezüge der Mitglieder der jeweiligen Geschäftsführung der Unternehmen Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH A., Gesellschaft für Beteiligungen und Parken A. mbH, Betriebsgesellschaft für Schwimmbäder und Nebenbetriebe mbH A. sowie Stadtwerke GmbH A. betrifft.

22 

Rechtsgrundlage für diesen Anspruch ist § 33 Absätze 3 und 4 GemO i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Geschäftsordnung des Stadtrates der Stadt A. (GO KH). Die Voraussetzungen dieser Vorschriften sind vorliegend gegeben.

23 

Aus § 33 Absätze 3 und 4 GemO folgt, dass ein Ratsmitglied das Recht hat, über einzelne Angelegenheiten der Gemeinde und ihrer Verwaltung an den Bürgermeister schriftliche oder in einer Sitzung des Gemeinderats mündliche Anfragen zu richten, die binnen angemessener Zeit zu beantworten sind. Entsprechendes ist in § 19 Abs. 1 Satz 1 GO KH geregelt, wonach jedes Ratsmitglied berechtigt ist, in allen Angelegenheiten der Stadt und ihrer Verwaltung schriftliche oder in der Sitzung mündliche Anfragen an die Oberbürgermeisterin zu richten. Das Ratsmitglied hat grundsätzlich einen Rechtsanspruch auf eine zutreffende und sachlich ausreichende Beantwortung, wenn dieses hinreichend deutlich gemacht hat, dass es sich um eine förmliche Anfrage im Sinne des § 33 Abs. 4 GemO handelt (vgl. VG Koblenz, Urteil vom 19. Oktober 2006 – 1 K 573/06.KO –, beck-online, m.w.N.).

24 

Die mit dem Auskunftsanspruch des Ratsmitglieds korrespondierende Antwortpflicht des Bürgermeisters unterliegt allerdings bestimmten Grenzen. Zunächst ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des Gesetzes, dass die Anfrage „einzelne“ „Angelegenheiten der Gemeinde oder ihrer Verwaltung“ betreffen muss. Demgemäß sind davon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nur bestimmte Angelegenheiten umfasst, nämlich solche, die sich auf einen konkreten, nach Zeit und Ort bestimmbaren, Lebenssachverhalt beziehen. Demgegenüber sind rechtsmissbräuchliche Fragen, Scheinfragen ohne jeglichen realen Hintergrund, aber auch Fragen „ins Blaue hinein“, die auf eine allgemeine Ausforschung gerichtet sind, unzulässig (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2001 – 1 S 786/00 –, juris). Darüber hinaus ergibt sich aus der Funktion des Fragerechts, die sachliche Aufgabenwahrnehmung des Ratsmitglieds zu ermöglichen, dass es sich im Rahmen des Aufgabenbereichs der Gemeinde wie auch des Gemeinderats halten muss. Eine weitere Grenze des Auskunftsanspruchs ergibt sich aus der allen Kommunalorganen und ihren Gliederungen obliegenden Verpflichtung zu gegenseitiger Rücksichtnahme, welche die Antwortpflicht des Bürgermeisters namentlich auf solche Informationen begrenzt, die ihm vorliegen oder die von ihm mit zumutbarem Aufwand beschafft werden können (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. April 2010 – 15 A 69/09 –, juris, Rn. 13). Letztlich dürfen dem Auskunftsbegehren des Ratsmitglieds auch keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen Betroffener oder für den der Anfrage zugrundeliegenden Vorgang geltende Geheimhaltungsvorschriften entgegenstehen, § 33 Abs. 5 GemO, § 19 Abs. 1 Satz 2 GO KH.

25 

Die vom Kläger als Stadtratsmitglied in seinem Schreiben vom 19. Mai 2020 an die Beklagte gerichtete Anfrage hält sich im Hinblick auf die Höhe der gewährten Gesamtbezüge der Geschäftsführungsmitglieder innerhalb der vorbeschriebenen Grenzen. Es bestehen keine Bedenken und es wurde von der Beklagten auch nicht angezweifelt, dass es sich dabei um eine förmliche Anfrage im Sinne des § 33 Abs. 4 GemO handelt, zumal sich der Kläger in seinem Erinnerungsschreiben vom 12. Juni 2020 ausdrücklich auf diese Vorschrift berufen hat.

26 

Die Anfrage des Klägers betrifft auch jeweils einzelne Angelegenheiten der Gemeinde. Die in Rede stehenden Unternehmen, an denen die Stadt A. unmittelbar oder mittelbar mindestens 50,96 % der Anteile hält, nehmen Aufgaben der grundsätzlich der Stadt A. obliegenden Daseinsvorsorge wahr. Es ergibt sich aus der Natur der Sache, dass die Vergütung der Geschäftsführer von privaten Unternehmen, an denen eine Gemeinde mehrheitlich beteiligt ist und die Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnehmen, vor allem hinsichtlich Organisation und Haushaltsführung zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde gehört.

27 

Dass die Höhe der Gesamtvergütung der Geschäftsführer dieser Unternehmen darüber hinaus vom Kompetenzbereich des Gemeinderats umfasst ist, ergibt sich unmittelbar aus § 90 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 GemO, wonach die Gemeindeverwaltung dem Gemeinderat im Falle einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung der Gemeinde an einem privaten Unternehmen von mindestens 5 % mit dem geprüften Jahresabschluss einen Beteiligungsbericht vorzulegen hat, der unter anderem die gewährten Gesamtbezüge der Mitglieder der Geschäftsführung des Unternehmens für jede Personengruppe enthalten soll.

28 

Die Anfrage des Klägers bezieht sich ferner auf amtliches Wissen oder in zumutbarer Weise zu erlangende Kenntnis der in Anspruch genommenen Beklagten. Die Beklagte ist nach § 88 Abs. 1 GemO gesetzliche Vertreterin der (Mehrheits-)Gesellschafterin Stadt A. in den Gremien der vom Kläger benannten Gesellschaften, die sämtlich in der Rechtsform einer GmbH ausgestaltet sind. Sofern die Beklagte derzeit nicht bereits aufgrund dieser Stellung Kenntnis über die Höhe der Gesamtvergütung der jeweiligen Geschäftsführung haben sollte, ist es ihr jedenfalls zumutbar, sich diese Informationen auf der Grundlage des § 51a Abs. 1 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) von der jeweiligen Geschäftsführung zu beschaffen. Denn nach der obergerichtlichen Rechtsprechung der Zivilgerichte umfasst das Auskunfts- und Einsichtsrecht der Gesellschafter einer GmbH gegenüber der Geschäftsführung gemäß § 51 a GmbHG auch die Höhe der Geschäftsführervergütung (vgl. OLG Thüringen, Beschluss vom 14. September 2004 – 6 W 417/04 –, juris, Rn. 18 m.w.N.; OVG Thüringen, Urteil vom 14. November 2013 – 3 KO 900/11 –, juris, Rn. 56).

29 

Dem Anspruch des Klägers auf Beantwortung seiner Anfrage hinsichtlich der Gesamtvergütung der jeweiligen Geschäftsführung stehen entgegen der Auffassung der Beklagten überwiegende schutzwürdige Interessen der betroffenen Gesellschaften, ihrer Geschäftsführer sowie der privaten Mitgesellschafter ebenso wenig entgegen wie besondere Vorschriften über die Geheimhaltung, vgl. § 33 Abs. 5 GemO und § 19 Abs. 1 Satz 2 GO KH.

30 

Da für die Anfrage des Klägers geltende besondere Geheimhaltungsvorschriften nicht existieren, ist die Frage nach dem Überwiegen schutzwürdiger gegenläufiger Interessen Betroffener aufgrund einer Abwägung der widerstreitenden Interessen zu beantworten.

31 

Dabei ist zunächst zu beachten, dass sich die hier in Rede stehenden Gesellschaften gegenüber ihrer Gesellschafterin – die Stadt A. – und deren Organe nicht erfolgreich auf schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen berufen können. Dies ergibt sich bereits aus der gesetzgeberischen Wertung, die dem Einsichts- und Auskunftsrecht von Gesellschaftern gegenüber der Geschäftsführung aus § 51a Abs. 1 GmbHG zugrunde liegt. Das Einsichts- und Auskunftsrecht der Gesellschafter wird gesetzlich nur durch § 51a Abs. 2 GmbHG beschränkt, nämlich wenn zu besorgen ist, dass der anfragende Gesellschafter die Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden und dadurch der Gesellschaft oder einem verbundenen Unternehmen einen nicht unerheblichen Nachteil zufügen wird; eine solche Einsichts- und Auskunftsverweigerung bedarf nach § 51a Abs. 2 Satz 2 GmbHG eines Gesellschafterbeschlusses, der – soweit ersichtlich – in Bezug auf die Anfrage des Klägers bislang nicht gefasst worden ist. Soweit Interessen privater Mitgesellschafter berührt werden, kommt hinzu, dass diese die mit einer Beteiligung an einer kommunal beherrschten Gesellschaft verbundenen öffentlichen-rechtlichen Bindungen, die aufgrund kommunalrechtlicher Vorgaben vielfach ihren Niederschlag in den Gesellschaftsverträgen zu finden haben, kennen und daher insoweit nicht schutzwürdig sind (vgl. auch VG Meiningen, Urteil vom 20. September – 2 K 140/11 –, juris, Rn. 51, bestätigt durch Thüringer OVG, Urteil vom 14. November 2013, a.a.O.).

32 

Auch überwiegen die Interessen der betroffenen Geschäftsführer, insbesondere an der Wahrung ihres von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz geschützten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, nicht das Interesse des Klägers an der Beantwortung seiner Anfrage im tenorierten Umfang.

33 

In die insoweit vorzunehmende Interessenabwägung ist zugunsten des Interesses des Klägers zunächst einzustellen, dass der zuletzt gefertigte Beteiligungsbericht der Stadt A. das Kalenderjahr 2015 betrifft und dort keine Angaben zur Höhe der Gesamtvergütung der Geschäftsführer der vom Kläger benannten Gesellschaften erfolgte. Daher hat er ein nachvollziehbares Interesse daran, aktuelle Angaben darüber zur Verfügung gestellt zu bekommen. Darüber hinaus ist die gesetzgeberische Wertung des § 90 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GemO zu berücksichtigen, wonach dem Gemeinderat die Informationen über die Höhe der Gesamtvergütung der Geschäftsführer kommunaler Unternehmen zur Verfügung gestellt werden sollen. Der hinter dieser Regelung stehende Zweck besteht darin, dass der Gemeinderat die Angemessenheit der Höhe der Gesamtausgaben für die Geschäftsführung kommunaler Unternehmen beurteilen und gegebenenfalls entsprechende Ratsbeschlüsse fassen kann, um den Bürgermeister zur Einflussnahme im Aufsichtsrat der kommunalen Unternehmen auf die Höhe der Geschäftsführervergütung anzuweisen. Damit der Kläger als Ratsmitglied diese Aufgabe effektiv wahrnehmen kann, reicht sein Auskunftsanspruch so weit, wie auch der Informationsanspruch des Gemeinderats nach § 90 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GemO reicht, sofern der Gemeinderat – wie hier der Stadtrat der Stadt A. – nicht innerhalb der dafür vorgesehenen Frist den Beteiligungsbericht mit den gesetzlich vorgegebenen Angaben zur Verfügung gestellt bekommen hat.

34 

Da § 90 Abs. 2 Satz 2 GemO als Soll-Vorschrift ausgestaltet ist, kann die Information über die Höhe der Gesamtvergütung nur in atypischen Fallkonstellationen bei Vorliegen eines wichtigen Grundes unterbleiben. Ein wichtiger Grund ist vorliegend indes nicht ersichtlich. Dieser kann namentlich dann anzunehmen sein, wenn die grundsätzlich im Beteiligungsbericht zu erfolgende Angabe nur unter unzumutbar hohem Aufwand beschafft werden kann. Dafür oder für eine vergleichbare Konstellation wurde von der Beklagten nichts substantiiert dargetan. Es liegen nach dem bereits oben Gesagten auch keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass diese Informationen nur unter unzumutbar hohem Aufwand beschafft werden könnten. Dies gilt umso mehr, als die Stadt A. unmittelbar oder mittelbar jedenfalls Mehrheitsgesellschafterin in den vom Kläger benannten Unternehmen ist.

35 

Soweit die Beklagte einen wichtigen Grund darin sieht, dass sich anhand der Mitteilung der Gesamtbezüge die Vergütung des einzelnen Geschäftsführers feststellen lasse und daher die Offenbarung dieser Informationen nach § 286 Abs. 4 HGB unterbleiben könne, überzeugt dies nicht. Nach § 286 Abs. 4 HGB kann in dem Anhang zum Jahresabschluss einer nicht börsennotierten Gesellschaft unter anderem die Angabe der gewährten Gesamtbezüge der Mitglieder des Geschäftsführungsorgans unterbleiben, wenn sich anhand dieser Angaben die Bezüge eines Mitglieds der Geschäftsführung feststellen lassen. Dies ist zwar der Fall, wenn – wie bei drei der vier vom Kläger benannten Unternehmen, die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft mbH A., die Gesellschaft für Beteiligungen und Parken A. mbH sowie die Stadtwerke GmbH A. – die Gesellschaft lediglich von einem Geschäftsführer vertreten wird. Jedoch vermag die allgemeine gesellschaftsrechtliche Vorschrift des § 286 Abs. 4 HGB dem speziell bei kommunalen Unternehmen geltenden Informationsanspruch des Gemeinderats über die Höhe der Gesamtvergütung von Geschäftsführern nach § 90 Abs. 2 GemO nicht entgegenzustehen (a.A. Oster, in: Höhlein/Schaaf/Stubenrauch/Dietlein, Praxis der Kommunalverwaltung Rheinland-Pfalz, Stand: Juni 2006, § 90 GemO, Ziffer 2). Im Unterschied zu den Regelungen anderer Bundesländer, wie z.B. § 75a Abs. 2 Nr. 3 Thüringer Gemeinde- und Landkreisordnung und § 105 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Gemeindeordnung Baden-Württemberg, ordnet § 90 Abs. 2 GemO die Anwendung der in § 286 Abs. 4 HGB geregelten Ausnahme von Publizitätspflichten nicht an.

36 

Diese Regelung ist im Rahmen des § 90 Abs. 2 GemO auch nicht in entsprechender Anwendung heranzuziehen. Es ist bereits zweifelhaft, ob angesichts der unterschiedlichen Zielsetzungen der kommunalrechtlichen Pflicht zur Erstellung eines Beteiligungsberichts nach § 90 Abs. 2 Satz 1 GemO einerseits und der gesellschaftsrechtlichen Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses mit der Möglichkeit des Unterlassens bestimmter Angaben im Anhang nach §§ 264 ff., § 286 Abs. 4 HGB andererseits überhaupt eine vergleichbare Interessenlage vorliegt. Während die Jahresabschlüsse von Gesellschaften im Wesentlichen zu Rechenschafts-, Gewinnermittlungs-, Ausschüttungsbemessungs-, Gläubigerschutz- und Informationszwecken für die Gesellschafter und Gläubiger sowie die zuständigen staatlichen Verwaltungen (insbesondere die Finanzverwaltung und die Aufsichtsbehörden), die Arbeitnehmer und deren Organisationen, wie auch die interessierte Öffentlichkeit erstellt werden müssen, erfüllt der Beteiligungsbericht demokratische Zwecke und soll in erster Linie dem Gemeinderat als Informationsquelle dienen, damit dieser die Beteiligungen der Gemeinde kontrollieren und steuern kann, und darüber hinaus soll dadurch die Transparenz der Beteiligungen der Gemeinde für die Einwohner verbessert werden. Jedenfalls mangelt es aber an einer planwidrigen Regelungslücke. Der rheinland-pfälzische Gesetzgeber hat die Berichtspflicht nach § 90 Abs. 2 GemO bewusst generell nicht unter den Vorbehalt entgegenstehender schutzwürdiger Interessen Dritter gestellt, was sich aus einem Vergleich zu § 114 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 GemO ergibt. Danach sind Angaben im Beteiligungsbericht im Sinne des § 90 Abs. 2 GemO nicht öffentlich auszulegen, wenn es um Angelegenheiten nach § 20 Abs. 1 GemO geht, die dem Datenschutz unterliegen oder deren Geheimhaltung ihrer Natur nach erforderlich oder vom Gemeinderat aus Gründen des Gemeinwohls beschlossen ist. Daraus folgt, dass die Gemeindeordnung hinsichtlich der Angaben im Beteiligungsbericht differenziert zwischen der Offenlegung nur gegenüber dem Gemeinderat einerseits und der Publizierung andererseits und nur bei letzterem Vorgang eine Einschränkung der Offenlegung von privaten Informationen ausdrücklich anordnet.

37 

Da die Angaben über die Höhe der Geschäftsführervergütung daher nur den Ratsmitgliedern zugänglich gemacht werden, ist der damit verbundene Eingriff in das Grundrecht der Geschäftsführer auf informationelle Selbstbestimmung von vergleichsweise geringem Gewicht. Dieses Grundrecht gewährleistet, dass der Einzelne selbst darüber befinden kann, wann, wo und in welchem Umfang dessen persönlichen Daten, wozu auch die Höhe der Vergütung gehört, offenbart werden. Es wird allerdings nicht schrankenlos gewährleistet, sondern kann durch hinreichend bestimmte und verhältnismäßige Gesetze eingeschränkt werden. Diesen Anforderungen genügt die Regelung in § 90 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GemO. Dadurch, dass die Angaben im Beteiligungsbericht lediglich Ratsmitgliedern mitgeteilt werden, erhält nur ein eng begrenzter Personenkreis Zugang zu den persönlichen Daten der Geschäftsführungsmitglieder. Überdies sind die Ratsmitglieder nach § 20 Abs. 1 GemO zur Verschwiegenheit verpflichtet. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird daher in ausreichendem Maße Rechnung getragen.

38 

Der Einwand der Beklagten, der Kläger habe bereits in der Vergangenheit wiederholt gegen seine Verschwiegenheitsverpflichtung verstoßen, sodass zu befürchten sei, er könne die begehrten Informationen zu gesellschaftsfremden Zwecken verwenden, rechtfertigt im Rahmen der Abwägung vorliegend ebenfalls nicht die Annahme des Überwiegens der Interessen der betroffenen Geschäftsführer. Verstöße gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung ehrenamtlicher Ratsmitglieder sind mit den dafür gesetzlich vorgesehenen Sanktionsmitteln zu ahnden. Insoweit kommt die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach § 20 Abs. 2 i.V.m. § 19 Abs. 3 GemO in Betracht. Ob wiederholte Verstöße eines Ratsmitglieds gegen die Verschwiegenheitsverpflichtung zu einem Auskunftsverweigerungsrecht auf dessen Anfrage nach § 33 Abs. 4 GemO zu führen vermögen, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, da die von der Beklagten vorgebrachten Vorgänge jedenfalls nicht derart schwer wiegen, dass sie im vorliegenden Fall eine Auskunftsverweigerung rechtfertigten.

39 

Kann der Kläger somit die Beantwortung seiner schriftlichen Anfrage im Hinblick auf die Gesamtvergütung der jeweiligen Geschäftsführung nach § 33 Abs. 4 und Abs. 3 Satz 1 GemO verlangen, hat er sein Begehren auch zu Recht gegen die Beklagte als Oberbürgermeisterin der Stadt A. gerichtet, vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 GO KH und § 28 Abs. 2 Satz 2 GemO. Die Beklagte hat die Anfrage des Klägers ferner schriftlich zu beantworten, da dieser nicht zu erkennen gegeben hat, dass die Beantwortung mündlich in der nächsten Ratssitzung erfolgen soll (§ 19 Abs. 2 GO KH).

40 

Soweit die Anfrage des Klägers die Höhe der Vergütung jedes einzelnen Mitglieds der Geschäftsführung der vier benannten Unternehmen sowie jeweils die Aufteilung nach Fixum, erfolgsbezogenen Komponenten, Sachleistungen und gegebenenfalls erteilten Pensionszusagen oder anderweitigen Zusatzleistungen betrifft, ist die Klage abzuweisen. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch nach der insoweit allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 33 Abs. 4 GemO auf Angaben hierzu.

41 

Hinsichtlich des Informationsanspruchs des Gemeinderats und seiner Mitglieder bezüglich der Höhe von Geschäftsführerbezügen in kommunalen Unternehmen stellt § 90 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GemO eine Spezialvorschrift gegenüber dem allgemeinen Fragerecht des Ratsmitglieds nach § 33 Abs. 4 GemO dar. Das Fragerecht dient dem Ratsmitglied dazu, Informationen zu erhalten, die er zur Wahrnehmung seiner Kontrollbefugnisse gegenüber dem Bürgermeister benötigt. Was den Umfang der für die Aufgabenwahrnehmung der Gemeinderatsmitglieder erforderlichen Informationen bezüglich der Geschäftsführervergütung in kommunalen Unternehmen anbelangt, erachtet der Gesetzgeber nach der Wertung des § 90 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GemO die Angabe der Höhe der Gesamtvergütung der jeweiligen Geschäftsführer für die Aufgabenwahrnehmung des Gemeinderats als ausreichend. Dass für die Wahrnehmung seiner Aufgaben als Ratsmitglied abweichend davon zusätzlich die Informationen über die Vergütungszusammensetzung jedes einzelnen Geschäftsführers erforderlich ist, hat der Kläger nicht substantiiert dargetan und ist auch nicht ersichtlich. Vielmehr ist es für die Kontrollbefugnis eines Ratsmitglieds ausreichend, die Höhe der Gesamtausgaben für die Geschäftsführung eines kommunalen Unternehmens zu kennen, um deren Angemessenheit beurteilen zu können, zumal der Kläger nicht aufgezeigt hat, zu welcher Art von politischen Initiativen er diesbezüglich weitergehende Informationen benötigt.

42 

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 155 Abs. 1 VwGO und berücksichtigt das gegenseitige Obsiegen und Unterliegen.

43 

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.

44 

Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Frage über den Umfang des Auskunftsanspruchs eines Ratsmitglieds gegenüber dem Bürgermeister hinsichtlich der Vergütung von Organen kommunaler Unternehmen ist in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz noch nicht abschließend geklärt.

 

Beschluss

45 

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,00 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).