Tenor
Es werden die Ziffer 2 hinsichtlich der Anordnung des
Abbaus von Kamera 1 sowie die Ziffern 4 und 9 des Bescheids vom 23. November 2018
aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des
Verfahrens zu tragen.
Das
Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger wendet
sich gegen eine datenschutzrechtliche Verwarnung und weitere Anordnungen des
Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
Rheinland-Pfalz – LfDI –, mit denen er dazu aufgefordert wird, die
Kameraüberwachung seiner Werbetafel teilweise einzustellen oder zu
modifizieren.
Der Kläger ist
Eigentümer des Grundstücks A. in B. Das Grundstück liegt an der Auffahrt zur
Bundesstraße ... in einem Gewerbegebiet außerhalb der Ortslage von B. Auf dem
Grundstück befinden sich ein Einkaufszentrum (...), ein Parkplatz sowie eine
großflächige, zweiseitige Werbetafel mit LED-Anzeige. Die Tafel hatte einen
Anschaffungswert von ca. 200.000,00 €. Der Kläger hat zum Schutz seiner
Reklametafel auf jeder Seite zwei statische Videokameras installiert (vgl.
Anlagen 1 bis 5 zum Schriftsatz des Klägers vom 19. Dezember 2018). Zwei
Kameras erfassen jeweils im Wesentlichen die Tafel (Kameras 3 und 4); die
anderen Kameras sind auf den Bereich vor der Reklametafel ausgerichtet, sodass
eine der Kameras den Parkplatz und das anliegende Einkaufszentrum (Kamera 2)
und die andere Kamera den Einmündungsbereich der Straße A. in die Bundesstraße ...
aufnimmt (Kamera 1). Alle vier Kameras sind rund um die Uhr in Betrieb und
erfassen ihr jeweiliges Blickfeld in kennzeichen- und personengenauer
Auflösung. Die Aufnahmen werden in einem Aufzeichnungsgerät, das sich zwischen
den beiden Reklametafeln befindet, für 48 Stunden gespeichert und sodann automatisch
gelöscht. Zugang zu dem verschlossenen Aufzeichnungsgerät und den Aufnahmen hat
allein der Kläger. Auf die Videoüberwachung wird mit einem Piktogramm auf dem
Parkplatz hingewiesen.
Nachdem zwischen
den Beteiligten verschiedene Korrespondenz erfolgt ist und der Kläger zu den
vom Beklagten beabsichtigten Maßnahmen angehört wurde, ordnete der Beklagte mit
Bescheid vom 23. November 2018 (zugestellt am 26. November 2018) Maßnahmen auf
Grundlage der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der
Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) – DSGVO – an. Hinsichtlich
Kamera 1 sprach der Beklagte eine Verwarnung aus (Ziffer 1 des Bescheids) und
forderte den Kläger dazu auf, die Datenverarbeitung durch diese Kamera
einzustellen und sie abzubauen (Ziffer 2 des Bescheids) sowie den Abbau durch
Vorlage eines Lichtbildes nachzuweisen (Ziffer 4 des Bescheids). Gemäß Ziffer 3
des Bescheids soll Kamera 2 so eingestellt werden, dass sie während der
Öffnungszeiten des Einkaufszentrums keine Aufnahmen fertigt. Dies soll durch
Vorlage eines Ausdrucks bzw. eines Lichtbildes der entsprechenden Einstellungen
nachgewiesen werden (Ziffer 5). Die Kameras 3 und 4 sollen so ausgerichtet werden,
dass die bisher darauf ersichtliche Straße, der Parkplatz und ein benachbartes
Wohnhaus nicht mehr in den Erfassungswinkel der Kamera fallen (Ziffer 6). Auch
dies muss durch einen Bildschirmausdruck nachgewiesen werden (Ziffer 7). Für
die Umsetzung der Anordnungen wurde eine Frist bis zum 15. Dezember 2018
gesetzt (Ziffer 8); diese Frist wurde auf Bitte des Klägers bis zum 4. Januar 2019
verlängert. Außerdem wurden Zwangsgelder in Höhe von 1.000,00 €, 2.500,00 € und
5.000,00 € bei Missachtung der Anordnungen angedroht (Ziffer 9).
Der Kläger hat am
26. Juni 2019 Klage erhoben. Der Bescheid vom 23. November 2018 sei
rechtswidrig, weil die Videoüberwachung an seiner Reklametafel rechtmäßig sei.
Sie diene der Wahrnehmung seines Hausrechts und dem Schutz seiner berechtigten
Interessen, da er seine Werbetafel vor Beschädigungen schützen wolle. Er habe
ein berechtigtes Interesse daran, sein Eigentum zu schützen und unberechtigte
Personen vom Betreten seines Areals fernzuhalten sowie Straftaten an seinem
Eigentum zu verhindern oder jedenfalls verfolgen zu können. In der
Vergangenheit sei es immer wieder zu Straftaten auf dem Gelände gekommen, so
sei mehrmals und auch im Jahr 2020 in den Lebensmitteldiscounter, den .... und
das ... (Einkaufszentrum) eingebrochen worden, es habe Graffiti und Fälle von
Fahrerflucht gegeben und es sei Altöl auf dem Gelände entsorgt worden. Es sei
auch in Zukunft zu erwarten, dass hier Straftaten begangen würden. Die
Videoüberwachung sei auch erforderlich, da das Ziel – Abschreckung von Störern
und Straftätern sowie ihre Identifizierung – mit dieser Maßnahme erreicht
werden könne. Die Überwachung der LED-Werbeanlage sei erfolgreich, da die
Anlage bisher nicht angegriffen bzw. beschädigt worden sei. Es gebe kein
anderes, gleich wirksames, aber weniger in das Grundrecht der informationellen
Selbstbestimmung der Betroffenen einschneidendes Mittel. Bei Einkaufszentren
handele es sich grundsätzlich um einen potentiell gefährdeten Bereich, der als
typischer Gefährdungspunkt kameraüberwacht werden solle. Insbesondere sei der
Einsatz von Wachpersonal nicht zumutbar. Auch ein Zaun sei ungeeignet, weil
über den Zaun Steine auf die Werbetafel geworfen werden könnten. Die Kameras
müssten den Bereich vor den Tafeln erfassen, da die LED-Tafeln durch Steinwürfe
oder den Einsatz von Drohnen beschädigt werden könnten. Der Einmündungsbereich
an der Bundesstraße ... müsse zur Kennzeichenerfassung und damit
Identifizierung von Tätern überwacht werden. Nur eine vollumfängliche, zeitlich
uneingeschränkte Überwachung sei effektiv, da tagsüber bereits Fälle von
Fahrerflucht aufgetreten seien und Straftaten auch tagsüber vorbereitet werden
könnten. Zugleich könne nur das Zusammenspiel aller vier Kameras einen
effektiven Schutz der Werbetafeln sicherstellen. Bei der Interessenabwägung
müsse schließlich auch berücksichtigt werden, dass Videoüberwachung heute
allgegenwärtig sei und die Aufnahmen vorliegend nur dann gesichtet würden, wenn
ein Schadensereignis eingetreten sei; im Übrigen würden die Aufnahmen ungesehen
automatisch gelöscht. Die Abbauverfügung hinsichtlich Kamera 1 sei
rechtswidrig, weil schon eine Abschaltung ausreiche, um weitere
Datenverarbeitungen zu verhindern. Gegen eine abgeschaltete Kamera könne nicht
auf der Grundlage der Datenschutzgrundverordnung vorgegangen werden. Die
Verwarnung in Bezug auf Kamera 1 sei rechtswidrig, weil sie zeitgleich mit der
Verfügung, den Betrieb der Kamera einzustellen und diese abzubauen, ergangen
sei. Erst, wenn eine Verwarnung missachtet worden sei, könne darauf mit einer
schärferen Abhilfebefugnis reagiert werden. Außerdem fehle es hinsichtlich der
Verwarnung an einer Anhörung.
Der Kläger
beantragt,
die in dem Bescheid des Beklagten vom 23. November 2018 unter Ziffern 1
bis 7 verfügten Anordnungen bzw. Maßnahmen sowie die unter Ziffer 9 des
Bescheids verfügten Zwangsmittelandrohungen aufzuheben.
Der
Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die
vom Kläger veranlasste Datenverarbeitung verstoße gegen Art. 6 Abs. 1 Unterabs.
1 Buchst. f DSGVO. Die Verwarnung und die Abbauverfügung hinsichtlich Kamera 1
seien rechtmäßig. Rechtsgrundlage für die Verwarnung sei Art. 58 Abs. 2 Buchst.
b DSGVO. Die Kamera erfasse öffentlichen Verkehrsraum, nämlich die Bundesstraße
... und die Straße A. sowie den angrenzenden Rad- und Fußgängerweg und eine
Bahntrasse. Die Überwachung des öffentlichen Straßenverkehrs sei eine
staatliche Aufgabe und müsse nicht vom Kläger wahrgenommen werden. Außerdem
beeinträchtige sie die Rechte der Verkehrsteilnehmer in erheblichem Umfang und
sei ohne Bezug zu konkretem deliktischen Verhalten rechtswidrig. Dem vom Kläger
entworfenen, nicht hinreichend substantiierten Bedrohungsszenario könne auch
nicht wirksam durch eine Videoüberwachung begegnet werden. Jedenfalls überwögen
die Rechte der Betroffenen: Es werde eine Vielzahl von Passanten gefilmt,
obwohl sie nicht auf den Parkplatz führen und sich zudem einwandfrei
verhielten. Die Verwarnung sei auszusprechen gewesen, weil Kamera 1
offensichtlich rechtswidrig und deshalb im Sinne einer effektiven
Rechtsdurchsetzung zu sanktionieren sei. Da eine erhebliche Anzahl
rechtswidriger Verarbeitungsvorgänge stattfinde, sei es zudem erforderlich
gewesen, die Einstellung und den Abbau der Videokamera 1 anzuordnen. Weiterhin
sei zu beachten, dass bei einer bloßen Abschaltung von Kamera 1 diese dann als
faktische Attrappe einen unzulässigen Überwachungsdruck generiere. Nur durch
eine Entfernung der Kamera könne darüber hinaus sichergestellt werden, dass die
unzulässige Videoüberwachung nicht wiederaufgenommen werde. In Bezug auf Kamera
2 müssten die Aufnahmezeiten auf den Zeitraum außerhalb der Öffnungszeiten der
anliegenden Einzelhandelsbetriebe beschränkt werden. Zwar seien die vom Kläger
berichteten strafrechtsrelevanten Vorfälle auf dem Gelände nicht hinreichend
schwer, häufig und substantiiert vorgetragen. Eine Überwachung des Parkplatzes
außerhalb der Öffnungszeiten könne jedoch noch als verhältnismäßig gewertet
werden. Insofern sei auch zu beachten, dass sich während der Öffnungszeiten eine
Vielzahl von Menschen, darunter auch Kinder, auf dem Parkplatz befänden und
deren Grundrechte und Grundfreiheiten die Interessen des Klägers als
Verantwortlichem überwögen. Die Kameras 3 und 4 müssten so ausgerichtet werden,
dass sie nur noch die Werbetafel erfassen, da diese Kameras nach den Angaben
des Klägers nur der Überwachung der LED-Reklametafel dienten. Zur Erfüllung
dieses Zwecks sei es nicht erforderlich, Teile des öffentlichen Verkehrsraums
und eines anliegenden Wohnhauses sowie des Parkplatzes zu überwachen. Die
Informationsersuchen über die Erfüllung der angeordneten Maßnahmen seien gemäß
Art. 58 Abs. 1 Buchst. a DSGVO notwendig, um eine Kontrolle der zukünftigen
Datenverarbeitung zu gewährleisten.
Mit
Beschluss vom 24. Juni 2019 wurde das Verfahren vom Verwaltungsgericht Koblenz
zum Verwaltungsgericht Mainz verwiesen.
Wegen der weiteren
Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte (2 Bände)
und die Verwaltungsakte (1 Heft) des Beklagten Bezug genommen; diese lagen der
Kammer vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige (I.)
Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang in der Sache Erfolg
(II.).
I.
Die Klage ist
zulässig.
Statthaft ist gemäß
§ 42 Abs. 1 Var. 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – die Anfechtungsklage, da
es sich bei der angefochtenen Verwarnung um einen – zumindest feststellenden –
Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG –
i.V.m. § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz – LVwVfG – handelt. Schließlich
wird mit der Verwarnung festgestellt, dass der Adressat gegen die Verordnung
(EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum
Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum
freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG
(Datenschutz-Grundverordnung) – DSGVO – verstoßen hat. Zwar wird durch die
Verwarnung keine konkrete, unmittelbare Rechtspflicht ausgelöst. Gleichwohl
wird mit der Verwarnung implizit ausgedrückt, dass sich der Adressat künftig
datenschutzkonform verhalten soll. Darüber hinaus handelt es sich bei der
Verwarnung um eine Abhilfemaßnahme der Datenschutzbehörde, mit der ein – wenn
auch regelmäßig eher geringfügiger – Datenschutzverstoß geahndet wird (vgl.
Körffer, in: Paal/Pauly, DS-GVO/BDSG, 2. Aufl. 2018, Art. 58, Rn. 18; Selmayr,
in: Ehmann/Selmayr, 2. Aufl. 2018, Datenschutz-Grundverordnung, Art. 58, Rn. 20).
Auch bei den übrigen Verfügungen, die dem Kläger bestimmte Handlungspflichten
auferlegen, handelt es sich um Verwaltungsakte.
Der Kläger ist
Adressat belastender Verwaltungsakte und damit klagebefugt im Sinne des § 42
Abs. 2 VwGO.
Ein Vorverfahren
war gemäß § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO sowie § 20 Abs. 6
Bundesdatenschutzgesetz – BDSG – entbehrlich.
Die Monatsfrist
des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO wurde gewahrt.
Richtiger
Klagegegner ist gemäß § 20 Abs. 5 Nr. 2 BDSG der Landesbeauftragte für den
Datenschutz und die Informationsfreiheit Rheinland-Pfalz – LfDI –. Gemäß § 20
Abs. 4 BDSG ist der LfDI beteiligungsfähig, wenn es – wie hier – um
Streitigkeiten zwischen einer natürlichen oder einer juristischen Person und
einer Aufsichtsbehörde des Bundes oder eines Landes über Rechte gemäß Art. 78
Abs. 1 und 2 DSGVO sowie § 61 BDSG geht. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 BDSG ist das
Bundesdatenschutzgesetz hier auch anwendbar, da der Kläger die Verarbeitung von
personenbezogenen Daten Dritter vornimmt und eine nicht-öffentliche Stelle ist.
Der Kläger hatte zwar zunächst das Land Rheinland-Pfalz als Klagegegner
angeführt; allerdings war hier durch Auslegung unzweifelhaft zu ermitteln, dass
der Kläger die Klage gegen den LfDI, der den angefochtenen Bescheid erlassen
hat, richten wollte. Unter entsprechender Anwendung des § 78 Abs. 1 Nr. 1
Halbsatz 2 VwGO ergibt sich, dass die fehlerhafte Bezeichnung des Beklagten
unerheblich ist, wenn erkennbar ist, gegen wen sich die Klage richtigerweise
richten sollte. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn – wie hier – die Klage
zunächst gegen den Rechtsträger gerichtet ist, auch wenn (ausnahmsweise) die
Behörde Klagegegnerin ist (vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. März 1991 – 22 A 871/90
–, juris, Rn. 5 ff.; Kintz, in: BeckOK VwGO, 54. Ed. 1. Juli 2020, § 78, Rn. 43).
Die Kammer hat daher das Rubrum dahingehend von Amts wegen geändert, dass
Klagegegner der LfDI ist. Die Beteiligten, die in der mündlichen Verhandlung am
24. September 2020 hierauf hingewiesen worden sind, haben gegen die
Rubrumsänderung keine Einwände erhoben.
Das
Verwaltungsgericht Mainz ist gemäß § 20 Abs. 1 und Abs. 3 BDSG – i.V.m. Art. 78
Abs. 1 DSGVO örtlich zuständig. Darüber hinaus ist das Verwaltungsgericht Mainz
an den Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 24. Juni
2019 gemäß §
83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG gebunden.
II.
Die Klage hat in
der Sache nur teilweise Erfolg. Die vom Kläger angegriffenen Verfügungen unter
den Ziffern 1, 3, 5, 6 und 7 des Bescheids vom 23. November 2018 des Beklagten
sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO). Die Verfügungen unter den Ziffern 4 und Ziffer 9 sowie teilweise
die Verfügung unter Ziffer 2 des Bescheids des Beklagten sind hingegen
rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, sodass sie aufzuheben
gewesen sind.
1. Die in Bezug
auf Kamera 1 ausgesprochene Verwarnung (Ziffer 1 des Bescheids vom 23. November
2018) ist rechtmäßig. Kamera 1 filmt den Einmündungsbereich der Straße „A.“ in
die Bundesstraße ... sowie einen Fahrrad- und Fußweg und eine Bahntrasse.
Ermächtigungsgrundlage
für den Erlass einer Verwarnung ist Art. 58 Abs. 2 Buchst. b DSGVO. Danach ist
es der Aufsichtsbehörde gestattet, einen Verantwortlichen oder einen
Auftragsverarbeiter zu verwarnen, wenn er mit Verarbeitungsvorgängen gegen die
Datenschutzgrundverordnung verstoßen hat. Dass der Beklagte in seinem Bescheid
als Rechtsgrundlage Art. 58 Abs. 1 Buchst. b DSGVO genannt hat, ist
offensichtlich einem redaktionellen Versehen geschuldet. Der Beklagte hat im
Laufe des Verfahrens klargestellt, dass die Verwarnung auf Art. 58 Abs. 2
Buchst. b DSGVO gestützt werden sollte.
Die vorliegende
Verwarnung ist formell rechtmäßig; insbesondere war der beklagte LfDI für den
Erlass der Verfügung gemäß Art. 51 Abs. 1, 55 Abs. 1 DSGVO, § 40 Abs. 1 BDSG, §
15 Abs. 2 LDSG zuständig. Sofern ein Anhörungsfehler darin zu erkennen wäre,
dass der Kläger in der Anhörung vom 10. August 2018 nicht auf den möglichen
Ausspruch einer Verwarnung hingewiesen wurde – sondern nur Maßnahmen nach Art. 58
Abs. 2 Buchst. d DSGVO angekündigt wurden –, wäre dieser Fehler jedenfalls
dadurch gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt, dass die Anhörung nachgeholt
wurde. Schließlich hat sich der Beklagte im Rahmen des Klageverfahrens intensiv
mit dem Vorbringen des Klägers auseinandergesetzt und insbesondere auch zu
dessen Vortrag hinsichtlich der Verwarnung inhaltlich Stellung genommen.
Ob eine Datenverarbeitung
gegen die Datenschutzgrundverordnung verstößt, richtet sich nach Art. 5 ff.
DSGVO. Gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. a DSGVO müssen personenbezogene Daten auf
rechtmäßige Weise verarbeitet werden. Die Verwarnung ist auch materiell
rechtmäßig, da die Überwachung durch die Kamera 1 hier rechtswidrig erfolgt
ist. Die Videoüberwachung stellt eine Datenverarbeitung dar (a), bei der auch
personenbezogene Daten verarbeitet werden (b). Auch wenn es sich nach
Auffassung der Kammer bei den verarbeiteten Daten nicht um besonders sensible
Daten handelt und damit vorliegend kein Verarbeitungsverbot gemäß Art. 9 DSGVO
besteht (c), verstößt die Videoüberwachung durch Kamera 1 gegen die
Datenschutzgrundverordnung, da sie nicht nach Art. 6 DSGVO gerechtfertigt ist
(d).
a) Der Kläger ist
eine datenverarbeitende Stelle, indem er mit seiner Kamera Videoaufnahmen von
Dritten anfertigt. Bei der Kameraüberwachung handelt es sich um die
Verarbeitung von Daten i.S.v. Art. 4 Nr. 2 DSGVO. Eine Datenverarbeitung ist
danach jeder Vorgang, der mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren im
Zusammenhang mit personenbezogenen Daten ausgeführt wird. Von dem Begriff der
Verarbeitung ist jeglicher Umgang mit personenbezogenen Daten erfasst (vgl.
BVerwG, Urteil vom 27. März 2019 – 6 C 2/18 –, juris, Rn. 43; SaarlOVG, Urteil
vom 14. Dezember 2017 – 2 A 662/17 – juris, Rn. 38; Schild, in: BeckOK
Datenschutzrecht, 33. Ed. 1. August 2020, DS-GVO, Art. 4, Rn. 34).
b) Bei der Kameraüberwachung
werden auch personenbezogene Daten verarbeitet. Das von einer Kamera
aufgezeichnete Bild einer Person fällt unter den Begriff „personenbezogene
Daten“, sofern es die Identifikation der betroffenen Person ermöglicht (vgl.
BVerwG, Urteil vom 27. März 2019 a.a.O., juris, Rn. 43; SaarlOVG, Urteil vom
14. Dezember 2017 a.a.O., juris, Rn. 38; OVG Nds, Urteil vom 29. September 2014
– 11 LC 114/13 – juris, Rn. 28 f.; Schild, in: BeckOK Datenschutzrecht, 33. Ed.
1. August 2020, DS-GVO, Art. 4, Rn. 14b). Die hier verwendete Kamera erfasst
Personen und Fahrzeuge in kennzeichen- und personengenauer Auflösung.
c) Die
gesteigerten Anforderungen, die gemäß Art. 9 DSGVO an die Verarbeitung
besonderer Kategorien personenbezogener Daten gestellt werden, mussten im
vorliegenden Fall nicht eingehalten werden. Gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO ist die
Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen die rassische und ethnische
Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen
oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von
genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer
natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der
sexuellen Orientierung einer natürlichen Person grundsätzlich untersagt.
Zwar ist es bei
einer personengenauen Auflösung der Kameraaufnahmen grundsätzlich möglich, dass
besondere Kategorien personenbezogener Daten erfasst werden. Schließlich lassen
sich durch das äußere Erscheinungsbild der gefilmten Personen möglicherweise
ihre rassische und ethnische Herkunft (Hautfarbe, Haare), ihre politische
Meinung (z.B. „Palästinensertuch“), ihre religiöse oder weltanschauliche
Überzeugung (z.B. religiöse Kleidungsstücke wie Kopftuch oder Kippa),
Gesundheitsdaten (z.B. Brille, Rollstuhl) oder die sexuelle Orientierung (z.B.
homosexuelles Paar) erkennen.
Allerdings geht es
dem Kläger nicht darum, genau diese personenbezogenen Daten besonderer
Kategorien zu erfassen. Der Kläger beabsichtigt mit der Videoüberwachung
Strafprävention und Strafverfolgung. Bei der Überwachung erhält er einen
Mischdatensatz aus besonders sensiblen und nicht-sensiblen Daten, wobei er
keine Auswertungsabsicht in Bezug auf die sensiblen Daten hat. Ohne das
Vorliegen einer solchen Auswertungsabsicht bestehen für die betroffenen
Personen keine besonderen Risiken, sodass der Anwendungsbereich des Art. 9 Abs.
1 DSGVO nicht eröffnet ist (vgl. Schulz, in: Gola, DS-GVO, 2. Aufl. 2018,
DS-GVO, Art. 9, Rn. 13; Schneider/Schindler, Videoüberwachung als Verarbeitung
besonderer Kategorien personenbezogener Daten, ZD 2018, 463, beck-online).
d) Die
Videoüberwachung durch Kamera 1 ist aber gemäß Art. 6 DSGVO rechtswidrig.
Danach ist eine Datenverarbeitung nur dann rechtmäßig, wenn mindestens eine der
unter Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchst. a bis Buchst. f DSGVO genannten
Bedingungen erfüllt ist. Hier liegt jedoch weder eine Einwilligung der
betroffenen Personen i.S.d. Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchst. a DSGVO vor
(aa), noch erfolgte die Videoüberwachung gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1
Buchst. f DSGVO im überwiegenden Interesse des Klägers oder eines Dritten (bb).
aa) Eine
Datenverarbeitung ist gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Satz 1 Buchst. a DSGVO
rechtmäßig, wenn die betroffene Person ihre Einwilligung zu der Verarbeitung
der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte
Zwecke gegeben hat. Gemäß der Legaldefinition in Art. 4 Nr. 11 DSGVO ist eine
Einwilligung jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und
unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder
einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene
Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden
personenbezogenen Daten einverstanden ist.
Die von der
Videoüberwachung betroffenen Personen haben weder schriftlich noch mündlich in
die Datenverarbeitung eingewilligt, wenn sie überhaupt zur Kenntnis genommen
haben, dass eine Kameraüberwachung stattfindet. Eine (konkludente)
Willenserklärung ist auch nicht in dem Lesen des Hinweisschildes (Piktogramm)
an der Werbetafel zu erkennen. Auch bei deutlich sichtbar angebrachten
Hinweisen ist nicht von einem Einverständnis mit der Überwachung auszugehen,
wenn die betroffenen Personen den überwachten Bereich betreten (vgl. BVerwG,
Urteil vom 27. März 2019 a.a.O., juris, Rn. 23; BVerfG, Stattgebender
Kammerbeschluss vom 23. Februar 2007 – 1 BvR 2368/06 –, juris, Rn. 40). Darüber
hinaus kann es bei Betroffenen an der erforderlichen Einwilligungsfähigkeit
fehlen, etwa bei Kindern bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres (vgl. OVG Nds,
Urteil vom 29. September 2014 a.a.O., juris, Rn. 33).
bb) Die
Videoüberwachung ist auch nicht gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 Buchst. f
DSGVO gerechtfertigt. Danach ist eine Datenverarbeitung rechtmäßig, wenn sie
zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten
erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten
der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern,
überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein
Kind handelt. In einem zweistufigen Prüfprogramm ist zunächst die
Erforderlichkeit der Datenverarbeitung festzustellen (1) und sodann eine
Abwägung der Interessen des verantwortlichen Datenverarbeiters bzw. eines
Dritten mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Betroffenen
vorzunehmen (2).
(1) Die hier vom
Kläger veranlasste Kameraüberwachung ist schon nicht erforderlich, sofern sie
während der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums in Betrieb ist und Aufnahmen
anfertigt.
Eine
Datenverarbeitung ist erforderlich, wenn der Verantwortliche zur Wahrung
berechtigter, d.h. schutzwürdiger und objektiv begründbarer Interessen darauf
angewiesen ist. Hierfür ist nach Erwägungsgrund 47 zur
Datenschutz-Grundverordnung unter anderem bedeutsam, ob die Datenverarbeitung
für die Verhinderung von Straftaten unbedingt erforderlich ist, ob sie absehbar,
d.h. branchenüblich ist, oder ob die Betroffenen in der konkreten Situation
vernünftigerweise damit rechnen müssen, dass ihre Daten verarbeitet werden
(vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2019 a.a.O., juris, Rn. 47).
Dabei ist es Sache
des Verantwortlichen darzulegen, aus welchen Gründen er eine Videoüberwachung
seiner Räume für angezeigt hält. Anhand seiner Angaben ist zu beurteilen, ob
und in welchem Umfang die Maßnahme erforderlich ist. Behörden und Gerichte
müssen im Rahmen ihrer Pflicht zur Sachaufklärung darauf hinwirken, dass der
Verantwortliche die angeführten Gründe erläutert oder ergänzt. Nach dem
allgemein anerkannten Begriffsverständnis ist Erforderlichkeit anzunehmen, wenn
ein Grund, etwa eine Gefährdungslage, hinreichend durch Tatsachen oder die
allgemeine Lebenserfahrung belegt ist, und ihm nicht ebenso gut durch eine
andere gleich wirksame, aber schonendere Maßnahme Rechnung getragen werden
kann. Schonender als die Videoüberwachung sind insbesondere Maßnahmen, die das
informationelle Selbstbestimmungsrecht der Besucher der öffentlich zugänglichen
Räume nicht berühren (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2019 a.a.O., juris, Rn.
26; SaarlOVG, Urteil vom 14. Dezember 2017 a.a.O., juris, Rn. 46).
Es stellt somit
zwar grundsätzlich ein berechtigtes Interesse des Verantwortlichen dar, eine
Kameraüberwachung zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten einzusetzen.
Allerdings ist eine solche Überwachungsmaßnahme nur dann erforderlich, wenn
eine Gefährdungslage besteht, die über das allgemeine Lebensrisiko hinausgeht.
Eine solche Gefährdung kann sich nur aus tatsächlichen Erkenntnissen ergeben;
subjektive Befürchtungen oder ein Gefühl der Unsicherheit reichen nicht aus
(vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2019 a.a.O., juris, Rn. 28; SaarlOVG, Urteil
vom 14. Dezember 2017 a.a.O., juris, Rn. 45);
Unter Anwendung
des dargestellten Rechtsmaßstabs ist eine besondere Gefährdungslage für die
Werbetafel, deren Schutz der Kläger mit der Videoüberwachung bezweckt,
vorliegend nur außerhalb der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums anzuerkennen.
Im Übrigen ist eine besondere Gefährdungslage, die sich auf das zu schützende
Objekt – hier: die Werbetafeln – beziehen muss, um dessen Videoüberwachung zu
rechtfertigen, nicht ersichtlich.
Bei der Bewertung,
ob eine besondere Gefährdungslage für die Werbeanlage besteht, ist zunächst zu
berücksichtigen, dass die Anlage bisher nicht von Dritten beschädigt worden
ist. Die streitgegenständliche Werbeanlage ist durch ihre Höhe und den
abgeschlossenen Zugang zu dem Betriebsraum zwischen den beiden Werbetafeln
bereits dadurch überdurchschnittlich gut gegen Vandalismus geschützt, als weder
die Tafeln noch der Betriebsraum für Dritte zugänglich sind. Der Kläger geht
daher selbst davon aus, dass Beschädigungen der Werbeanlage allein von außen
bzw. vom Boden aus – zum Beispiel durch den Wurf von Gegenständen oder den
Einsatz von Drohnen – erfolgen könnten. Der Kläger hat auch nicht überzeugend
vorgetragen, dass Werbeanlagen generell einem erhöhten Sachbeschädigungsrisiko
ausgesetzt sind. Sofern er angibt, dass er von Geschehnissen Kenntnis erlangt
habe, bei denen Werbeanlagen beschossen worden seien, lässt sich aus diesen – im
Übrigen nicht weiter substantiierten oder belegten – Vorfällen jedenfalls kein
allgemein erhöhtes Gefährdungsrisiko für Werbeanlagen ableiten. Ob die vom
Kläger an der Werbeanlage angebrachten Überwachungskameras einen derartigen
Abschreckungseffekt bewirken, dass potentielle Täter von einer Sachbeschädigung
absehen und sich nur deshalb das besondere Gefährdungsrisiko bisher nicht
realisiert hat, kann nicht mit hinreichender Sicherheit angenommen werden.
Schließlich wird auch das anliegende Einkaufszentrum jedenfalls durch Kamera 2
und – wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hat – weitere
Kameras am Einkaufszentrum überwacht und es sind gleichwohl Einbruchsdelikte
begangen worden.
Sofern der Kläger
weiter – allerdings unsubstantiiert und ohne entsprechende Nachweise –
vorträgt, dass es auf dem Parkplatz bereits mehrere Fälle von Fahrerflucht gab,
ist hierin ebenfalls kein Umstand zu erkennen, der eine besondere
Gefährdungslage begründen würde, sondern es realisiert sich allenfalls ein
allgemeines Lebensrisiko. Auch seine Befürchtung, dass Lastwagen die Werbetafel
streifen und beschädigen könnten, begründet nur ein allgemeines Risiko, aber
keine besondere Gefährdungslage, die eine Videoüberwachung rechtfertigt. Zudem
ist auf dem mit Anlage 2 mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2018 vom Kläger
vorgelegten Foto erkennbar, dass unterhalb der Werbeanlage am Rand bzw. am
Übergang zur Straße „A.“ größere Steine liegen, die ein Überfahren des
Bordsteins und ein Streifen der Werbetafel durch Lastwagen verhindern dürften.
Sofern am Rand zur Bundesstraße ... bislang noch keine entsprechenden „Poller“
installiert wurden, ist kein Grund ersichtlich, warum nicht auch hier ein
solcher Schutz eingesetzt werden könnte, der die Werbetafel schützt und
zugleich eine Videoüberwachung entbehrlich macht.
Die Kammer erkennt
aber an, dass sich angesichts der besonderen Umstände des vorliegenden
Einzelfalls die Gefährdung des Umfelds jedenfalls teilweise auf die
Gefährdungslage der Werbeanlage auswirkt. Es kann dahinstehen, ob bei
Einkaufszentren – möglicherweise auch in ihrer Umgebung – generell eine
besondere Gefährdungslage angenommen werden kann, wie der Kläger offenbar
meint. Schließlich sind im vorliegenden Fall Straftaten im Bereich des
Einkaufszentrums tatsächlich begangen worden. Der Kläger hat von verschiedenen
kriminellen Vorfällen in der näheren Umgebung der Werbeanlage berichtet: Es
habe Einbrüche, Graffitis und beleidigende Schmierereien im Bereich des
Einkaufszentrums und an einer benachbarten Lagerhalle gegeben, was er teilweise
durch Vorlage entsprechender Fotos belegt hat, was aber im Übrigen auch nicht
vom Beklagten substantiiert bestritten worden ist. Zwar ist grundsätzlich davon
auszugehen, dass Diebstahlsdelikte aus Täterperspektive einen gewissen
unmittelbaren Nutzen versprechen (Diebesgut) und Wandschmierereien mit
Sprühfarben zum einen mit einer Meinungsäußerung verbunden sein und zum anderen
grundsätzlich sehr einfach und schnell und ohne besonders großes
Entdeckungsrisiko begangen werden können, sodass nicht ohne weiteres davon
ausgegangen werden kann, dass die gleichen Tätergruppen auch die Werbeanlage
des Klägers beschädigen würden. Der Kläger hat aber glaubhaft und
nachvollziehbar erläutert, dass er in B. ein bekannter Unternehmer sei und die
begangenen Straftaten jedenfalls teilweise mit einem Angriff auf seine Person
verbunden seien. Er verweist insofern insbesondere auf Schmierereien an einer
benachbarten Lagerhalle, mit denen er persönlich beleidigt und bedroht wurde,
von denen er Fotos zur Akte gereicht hat. Er müsse daher befürchten, dass man
ihm schaden wolle, sodass sein Eigentum gefährdet sei und er es
berechtigterweise schütze. Aufgrund der verschiedenen Straftaten, die im Umfeld
der Werbeanlage auf dem Grundstück des Klägers begangen wurden und die
teilweise einen unmittelbaren Angriff auf die Person des Klägers darstellten,
handelt es sich bei der nachvollziehbaren Sorge des Klägers vor Beschädigungen
auch seiner hochpreisigen Werbeanlage grundsätzlich nicht nur um subjektive
Befürchtungen, sondern kann eine besondere Gefährdungslage hier aus
tatsächlichen Erkenntnissen abgeleitet werden.
Allerdings ist die
Kammer der Auffassung, dass die Werbeanlage des Klägers nur außerhalb der
Öffnungszeiten des Einkaufszentrums besonders gefährdet ist. Insofern ist
maßgeblich zu berücksichtigen, dass sich die Anlage in exponierter Lage an der
– wie die Beteiligten mitgeteilt haben – vielbefahrenen Bundesstraße ... sowie
an der Zufahrtsstraße zum Gewerbegebiet unmittelbar am Parkplatz des
Einkaufszentrums befindet. Es ist daher davon auszugehen, dass
Sachbeschädigungen an der Werbetafel – um deren Schutz es dem Kläger mit der
Videoüberwachung geht – während der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums nicht
wahrscheinlich sind, weil in dieser Zeit mit einigem Durchgangsverkehr sowie
einparkenden und Waren einpackenden Kunden des Einkaufszentrums zu rechnen ist.
Etwaige Täter, die die Werbeanlage beschädigen wollten, würden während der
Öffnungszeiten ein hohes Entdeckungsrisiko eingehen.
Die
Videoüberwachung ist auch grundsätzlich geeignet, um den Überwachungszweck – hier:
den Schutz des klägerischen Eigentums – zu erfüllen. Denn es entspricht
allgemeiner Lebenserfahrung, dass die Wahrscheinlichkeit, dass derartige Taten
begangen werden, umso geringer ist, je höher das Risiko ist, entdeckt und zur
Verantwortung gezogen zu werden. Dieses Risiko ist aber nach der Installation
von Videokameras aus Sicht von potentiellen Tätern größer geworden, denn sie
können nicht wissen, wann sie von der Kamera erfasst werden, und nicht
ausschließen, bei der Begehung eventueller Verstöße von einem Mitarbeiter des
Klägers am Bildschirm beobachtet zu werden (vgl. SaarlOVG, Urteil vom 14. Dezember
2017 a.a.O., juris, Rn. 46). Außerdem ist es möglich, dass die Kamera Aufnahmen
von einem etwaigen Tatgeschehen anfertigt, sodass insbesondere der Täter
identifizierbar und eine Strafverfolgung erleichtert werden kann. Für etwaige
Bedrohungen der Kameras durch Drohnen ist die Videoüberwachung nach Überzeugung
der Kammer allerdings nicht geeignet, da diese ohne weiteres aus Bereichen
gesteuert werden können, die außerhalb des Erfassungswinkels der Kamera liegen.
Auf mildere
Mittel, also Maßnahmen, die in gleich effektiver Weise dem Schutz der
Werbetafeln dienen, dabei aber weniger Rechte Dritter berühren, kann der Kläger
nach Auffassung der Kammer nicht verwiesen werden. Der Kläger hat mitgeteilt,
dass die Versicherung der streitgegenständlichen Werbeanlage jährlich 10.000,00
€ kosten würde, was nach Auffassung der Kammer dem Kläger nicht wirtschaftlich
zumutbar ist. Auch der Einsatz von Wachpersonal wäre mit hohen, unzumutbaren
Kosten verbunden (vgl. SaarlOVG, Urteil vom 14. Dezember 2017 a.a.O., juris,
Rn. 47; OVG Nds, Urteil vom 29. September 2014 a.a.O., juris, Rn. 57). Da sich
die Werbetafel unmittelbar an der Straße befindet, würde auch eine Einfriedung
des Geländes keinen hinreichenden Schutz versprechen, weil Gegenstände auch von
außerhalb des Zaunes auf die Anlage geworfen werden könnten. Auch ein
physischer Schutz, zum Beispiel eine Plexiglasscheibe vor der Werbetafel,
scheidet aus, da sich die Werbetafel nach den – nachvollziehbaren – Angaben des
Klägers während des Betriebs erwärmt und die Hitze abgeleitet werden muss.
Darüber hinaus könnten durch Sonnenspiegelungen Autofahrer geblendet oder die
Anzeige der Werbung gestört werden.
(2) Allerdings
überwiegen die schutzwürdigen Interessen der von der Videoüberwachung mit
Kamera 1 betroffenen Personen das Interesse des Klägers am Schutz seines
Eigentums.
Die
Interessenabwägung erfolgt situations- und kontextbezogen. Die Intensität des
aus der Überwachung resultierenden Grundrechtseingriffs darf nicht außer
Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe stehen. Das Gewicht
des Eingriffs wird maßgeblich durch Art und Umfang der erfassten Informationen,
durch Anlass und Umstände der Erhebung, den betroffenen Personenkreis, das
Vorhandensein von Ausweichmöglichkeiten und die Art und den Umfang der
Verwertung der erhobenen Daten bestimmt. Bei der Abwägung sind alle in Frage
stehenden (Grund-)Rechtspositionen in Betracht zu nehmen und zu einem möglichst
schonenden Ausgleich zu bringen. Dies sind das durch Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m.
Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht der von den Kameras erfassten Personen auf
informationelle Selbstbestimmung und Schutz ihrer personenbezogenen Daten,
während sich der Kläger in erster Linie auf sein Eigentumsrecht aus Art. 14
Abs. 1 GG berufen kann, welches durch Beschädigungen seiner Werbeanlage
beeinträchtigt würde und welches er durch die Überwachungsmaßnahme präventiv
schützen sowie im Falle einer Sachbeschädigung den Verantwortlichen aufdecken
möchte (vgl. SaarlOVG, Urteil vom 14. Dezember 2017 a.a.O., juris, Rn. 48 f.;
OVG Nds, Urteil vom 29. September 2014 a.a.O., juris, Rn. 63).
Vorliegend ist
zwar im Rahmen der Interessenabwägung zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen,
dass die Kameras statisch aufnehmen und nicht etwa über eine Zoom- oder
Schwenkmöglichkeit verfügen. Außerdem werden die Videoaufnahmen nach Angaben
des Klägers allein im Schadensfall und nur vom Kläger eingesehen und
automatisch nach 48 Stunden gelöscht. Darüber hinaus dienen die von Kamera 1
überwachten Verkehrsflächen nicht einem längeren Verweilen und es erfolgen
insbesondere keine Einblicke in höchstpersönliche Bereiche der Intim- oder
Privatsphäre.
Es überwiegen
jedoch die Interessen der von der Überwachung betroffenen Personen. Schließlich
ist die gezielte, heimliche Überwachung von Personen, die sich auf öffentlichen
Straßen, Wegen oder Plätzen aufhalten, grundsätzlich unzulässig. Es ist die
öffentliche Aufgabe der Straßenverkehrsbehörden und der Polizei, einen
gesetzeskonformen Straßenverkehr zu gewährleisten und Ordnungswidrigkeiten und
Straftaten zu verfolgen (vgl. VG Göttingen, Urteil vom 31. Mai 2017 – 1 A 170/16
–, juris, Rn. 46 f.; LG München I, Urteil vom 21. Oktober 2011 – 20 O 19879/10 –,
juris, Rn. 26). Hier erfolgt die personen- und kennzeichengenaue Überwachung
der Verkehrsbereiche durch Kamera 1 regelmäßig und anlasslos und ist für die
Betroffenen – im Wesentlichen Autofahrer – im Vorbeifahren nicht ohne weiteres
erkennbar. Von der Überwachung sind damit eine Vielzahl von ganz überwiegend
unbeteiligten Personen, die das Eigentum des Klägers offensichtlich nicht
beeinträchtigen wollen, betroffen (vgl. BGH, Urteil vom 15. Mai 2018 – VI ZR 233/17
–, juris, Rn. 26). Insbesondere kann das Piktogramm, das auf die
Videoüberwachung hinweist, von Passanten nicht wahrgenommen werden. Heimliche
Überwachungsmaßnahmen greifen jedoch besonders schwerwiegend in die Rechte der
betroffenen Personen ein (vgl. OVG Nds, Urteil vom 29. September 2014 a.a.O.,
juris, Rn. 64). Dies ist auch ein wichtiger Unterschied zu Kamera 2 (dazu noch
unten), die im Wesentlichen den Parkplatz filmt: Zum einen ist die
Videoüberwachung für Betroffene, die sich auf dem Parkplatz aufhalten, eher
erkennbar als für vorbeifahrende Autofahrer. Zum anderen sind Personen, die
sich außerhalb der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums auf dem Parkplatzgelände
aufhalten – und nur in dieser Zeit besteht nach Überzeugung der Kammer
überhaupt eine besondere Gefährdungslage, die eine Videoüberwachung
erforderlich macht – eher „verdächtig“ eine Straftat zu begehen als Personen,
die auf der Bundesstraße oder Zufahrtsstraße fahren und die Werbetafel ganz
überwiegend bloß zufällig passieren.
e) Die Verwarnung
begegnet daher auch auf der Rechtsfolgenseite keinen durchgreifenden Bedenken.
Der Beklagte hat die Verwarnung in ermessensfehlerfreier Weise ausgesprochen.
Gemäß Art. 58 Abs. 2 DSGVO steht der Aufsichtsbehörde ein Entschließungs- und
Auswahlermessen hinsichtlich der Ausübung ihrer aufsichtsrechtlichen Befugnisse
zu.
Der Beklagte ist
in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass er aufgrund des von
ihm festgestellten Verstoßes gegen die Datenschutzgrundverordnung berechtigt ist,
eine Verwarnung auszusprechen. Die Aufsichtsbehörde kann gemäß Art. 58 Abs. 2
DSGVO von einer Abhilfebefugnis Gebrauch machen, wenn sie einen Verstoß gegen
Datenschutzbestimmungen festgestellt hat oder einen solchen zumindest erwartet.
Wenn ein solcher Fall vorliegt, ist der Behörde auf der Rechtsfolgenseite
Ermessen eingeräumt. Bei dessen Ausübung hat sie insbesondere den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten (vgl. VGH BW, Beschluss vom 22. Januar
2020 – VGH 1 S 3001/19 –, BA S. 18 m.w.N.). Bei festgestellten Verstößen ist
die Aufsichtsbehörde in der Regel gehalten, dagegen mit dem Ziel der Abstellung
des Verstoßes vorzugehen (vgl. VGH BW, Beschluss vom 22. Januar 2020 a.a.O., BA
S. 15 m.w.N.). Hinsichtlich des Entschließungsermessens ist daher von einem
intendierten Ermessen auszugehen, wenn die Aufsichtsbehörde – wie hier – einen
Rechtsverstoß festgestellt hat (vgl. Mundil, in: BeckOK Datenschutzrecht, 33. Ed.
1. Februar 2020, DSGVO Art. 77, Rn. 15; von einer Ermessensreduzierung auf Null
ausgehend VG Ansbach, Urteil vom 8. August 2019 – AN 14 K 19.00272 –, juris,
Rn. 46).
Es ist auch kein
Fehler bei der Ausübung des Auswahlermessens zu erkennen. Bei der Auswahl der
geeigneten Abhilfemaßnahme nach Art. 58 Abs. 2 DSGVO muss die Aufsichtsbehörde
den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachten und insofern auch die
Eingriffsintensität berücksichtigen (vgl. VGH BW, Beschluss vom 22. Januar 2020
– VGH 1 S 3001/19 – BA S. 18 m.w.N.). Die hier vom Beklagten ausgesprochene
Verwarnung ist ein eher „mildes“ Abhilfeinstrument und kann bereits bei einem
erstmaligem Datenschutzverstoß angewendet werden (vgl. Selmayr, in:
Ehmann/Selmayr, DSGVO, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 58, Rn. 18; 20).
Die Verwarnung
konnte auch neben einer weiteren Anordnung ausgesprochen werden. Der Beklagte
hat vorliegend den Kläger nicht nur gemäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. b DSGVO
verwarnt, sondern darüber hinaus gemäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. d DSGVO
angeordnet, dass der Betrieb von Kamera 1 einzustellen und die Kamera abzubauen
ist (Ziffer 2 des Bescheids). Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht
etwa von einem gestuften System der – unterschiedlich weitreichenden –
Abhilfebefugnisse dahingehend auszugehen, dass nach einer Verwarnung zunächst
abgewartet werden müsste, ob sich der Verantwortliche zukünftig
datenschutzkonform verhält, um weitere Maßnahmen – zum Beispiel auf Grundlage
von Art. 58 Abs. 2 Buchst. d DSGVO – anzuordnen. Vielmehr stellt die Verwarnung
eine Sanktion dar, mit der rechtswidriges Verhalten in der Vergangenheit nachträglich
festgestellt wird. Als „kleine Schwester der Geldbuße“ kommt eine Verwarnung in
der Regel dann in Betracht, wenn es sich um eine eher einfache Verletzung
datenschutzrechtlicher Vorschriften handelt und die Schwelle zur Verhängung
einer Geldbuße noch nicht überschritten ist (vgl. Selmayr, in: Ehmann/Selmayr,
DSGVO, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 58, Rn. 20). Entsprechend erläutert
Erwägungsgrund 148, dass im Falle eines geringfügigeren Verstoßes oder falls
eine zu verhängende Geldbuße eine unverhältnismäßige Belastung darstellen
würde, anstelle einer Geldbuße eine Verwarnung erteilt werden kann. Daraus
ergibt sich, dass Verwarnung und Geldbuße nur alternativ angeordnet werden
dürfen. Die Verwarnung kann daher die Vorstufe zur Geldbuße sein. Da Maßnahmen nach
Art. 58 Abs. 2 Buchst. d DSGVO, wie die hier angeordnete Einstellung und der
Abbau der Kamera, jedoch einen bestehenden rechtswidrigen Zustand für die
Zukunft beseitigen sollen und damit der Gefahrenabwehr dienen, können sie auch
kumulativ zu einer Verwarnung angeordnet werden.
2. Die Verfügung
unter Ziffer 2 des Bescheids vom 23. November 2018 ist teilweise rechtswidrig
(a)). Daher ist auch die Verfügung unter Ziffer 4 des Bescheids rechtswidrig
(b)).
a) Die unter
Ziffer 2 des Bescheids verfügte Einstellung der Datenverarbeitung durch Kamera 1
ist rechtmäßig (aa)). Hingegen ist die Anordnung, Kamera 1 abzubauen,
rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1
VwGO) (bb)).
Als
Ermächtigungsgrundlage für diese Anordnungen ist Art. 58 Abs. 2 Buchst. f DSGVO
heranzuziehen. Soweit der Beklagte im Bescheid Art. 58 Abs. 1 Buchst. f DSGVO
als Rechtsgrundlage benannt hat, handelte es sich offensichtlich um einen
redaktionellen Fehler, den der Beklagte im Laufe des Verfahrens richtiggestellt
hat (siehe bereits oben bezüglich der Rechtsgrundlage für die Verwarnung).
Gemäß Art. 58 Abs. 2 Buchst. f DSGVO kann die Aufsichtsbehörde eine vorübergehende oder endgültige Beschränkung der Verarbeitung, einschließlich eines Verbots, verhängen.
aa) Da die
Videoüberwachung durch Kamera 1 eine rechtswidrige Datenverarbeitung darstellt
(dazu bereits oben), konnte der Beklagte auf Grundlage von Art. 58 Abs. 2
Buchst. f DSGVO anordnen, dass die Datenverarbeitung durch Kamera 1 eingestellt
wird. Hierdurch wird sichergestellt, dass künftig keine rechtswidrigen
Datenverarbeitungen mehr erfolgen. Insofern ist auch kein Ermessensfehler
ersichtlich, insbesondere konnte diese Anweisung neben einer Verwarnung
angeordnet werden (siehe oben). Es ist auch keine mildere, gleich effektive
Maßnahme ersichtlich, da auch eine Neuausrichtung von Kamera 1 an der aktuellen
Position kaum möglich ist, ohne weiterhin eine Vielzahl unbeteiligter
Autofahrer zu überwachen.
bb) Allerdings ist
die Anweisung des Beklagten, dass Kamera 1 abgebaut werden muss, rechtswidrig.
Insofern fehlt es bereits an einer Ermächtigungsgrundlage. Art. 58 Abs. 2
Buchst. f DSGVO erlaubt der Aufsichtsbehörde, eine Datenverarbeitung
vorübergehend oder endgültig zu beschränken oder sogar zu verbieten. Von dieser
Rechtsgrundlage ist jedoch die Anordnung der Demontage der Verarbeitungsanlage
nicht mitumfasst. Das Verbot der Datenverarbeitung bezieht sich auf eine
bestimmte Handlung, nicht aber das Vorhandensein einer – ausgeschalteten –
Datenverarbeitungsanlage (vgl. noch zur früheren Rechtslage VG Oldenburg,
Urteil vom 12. März 2013 – 1 A 3850/12 –, juris, Rn. 21 f.; Selmayr, in:
Ehmann/Selmayr, DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 58, Rn. 20).
Zwar ist es für
die Kammer nachvollziehbar, dass der Beklagte ohne einen Abbau von Kamera 1 nur
in beschränktem Maße überprüfen kann, ob die Kamera tatsächlich ausgeschaltet
ist, und dadurch Schwierigkeiten für eine effektive Rechtsdurchsetzung
entstehen können. Insofern ist es jedoch Aufgabe des (deutschen) Gesetzgebers,
die Aufsichtsbehörde gemäß Art. 58 Abs. 6 Satz 1 DSGVO durch Rechtsvorschriften
mit zusätzlichen Befugnissen auszustatten (vgl. Selmayr, in: Ehmann/Selmayr,
DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art. 58, Rn. 20).
Unabhängig davon
werden von einer ausgeschalteten Kamera keine personenbezogenen Daten
verarbeitet, sodass der Anwendungsbereich der Datenschutzgrundverordnung nicht
eröffnet ist und auch keine Verstöße gegen Datenschutzrecht beanstandet werden
können. Sofern eine vorhandene, aber ausgeschaltete Kamera auf Dritte einen
Überwachungsdruck bewirkt, sind sie zur Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte auf
den Zivilrechtsweg zu verweisen (vgl. VG Oldenburg, Urteil vom 12. März 2013 – 1
A 3850/12 –, juris, Rn. 24 f.).
b) Damit ist auch
die Verfügung unter Ziffer 4 des Bescheids vom 23. November 2018, mit der der
Kläger den Abbau von Kamera 1 nachweisen soll, rechtswidrig.
Ermächtigungsgrundlage
für diese Anweisung ist Art. 58 Abs. 1 Buchst. a DSGVO. Danach verfügt jede
Aufsichtsbehörde über sämtliche Untersuchungsbefugnisse, die es ihr gestatten,
den Verantwortlichen, den Auftragsverarbeiter und gegebenenfalls den Vertreter
des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters anzuweisen, alle
Informationen bereitzustellen, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben
erforderlich sind. Da die Abbauverfügung (Ziffer 2 des Bescheids) jedoch
rechtswidrig ist, ist auch die – dazu akzessorische – Anordnung, einen Nachweis
über den Abbau zu erbringen, rechtswidrig.
3. Die Anordnung
des Beklagten unter Ziffer 3 des Bescheids vom 23. November 2018, wonach der
Kläger die Datenverarbeitung durch Kamera 2 auf den Zeitraum außerhalb der
Öffnungszeiten der anliegenden Einzelhandelsbetriebe beschränken muss, ist
rechtmäßig (a)). Auch hinsichtlich der Verfügung unter Ziffer 5 des Bescheids
vom 23. November 2018, womit dem Beklagten die beschränkten Aufnahmezeiten
nachgewiesen werden sollen, bestehen nach Auffassung der Kammer keine Bedenken
(b)). Kamera 2 erfasst einen Teil des Parkplatzes und der Außenfassade des ...
a) Die Anordnung,
Kamera 2 nur außerhalb der Öffnungszeiten des anliegenden Einkaufszentrums in
Betrieb zu nehmen (Ziffer 3 des Bescheids) ist rechtmäßig.
Die Anweisung kann
der Abhilfebefugnis nach Art. 58 Abs. 2 Buchst. d DSGVO zugeordnet werden.
Danach kann die Aufsichtsbehörde den Verantwortlichen anweisen,
Verarbeitungsvorgänge auf bestimmte Weise und innerhalb eines bestimmten
Zeitraums in Einklang mit der Verordnung zu bringen. Diese Befugnis soll als
Auffangtatbestand grundsätzlich jeden Verstoß gegen die
Datenschutzgrundverordnung, d.h. jede unionsrechtswidrige Verarbeitung von
personenbezogenen Daten erfassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2019 a.a.O.,
juris, Rn. 42 m.w.N.).
Die
Videoüberwachung durch Kamera 2 stellt eine rechtswidrige Datenverarbeitung
dar, soweit sie Aufnahmen während der Öffnungszeiten der anliegenden
Einzelhandelsbetriebe anfertigt. Insofern handelt es sich nicht um eine
rechtmäßige Datenverarbeitung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f
DSGVO. Während der Öffnungszeiten dieser Geschäfte ist eine Videoüberwachung
durch Kamera 2 schon nicht erforderlich. In diesem Zeitraum ist eine besondere
Gefährdungslage für die Werbetafel, deren Schutz der Kläger mit der
Videoüberwachung bezweckt, nicht anzuerkennen. Insofern gelten die obigen
Ausführungen zu Kamera 1 zur Gefährdungslage für die Werbetafeln entsprechend.
Während der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums überwiegen zudem die
schutzwürdigen Interessen der von der Videoüberwachung mit Kamera 2 betroffenen
Personen das Interesse des Klägers am Schutz seines Eigentums. Insofern ist zu
beachten, dass eine Vielzahl von ganz überwiegend unbeteiligten Personen, die
das Eigentum des Klägers nicht beeinträchtigen wollen, betroffen ist.
Soweit außerhalb
der Öffnungszeiten eine besondere Gefahrenlage für die Werbetafeln anzuerkennen
ist, überwiegen allerdings die Interessen des Klägers am Schutz seines
Eigentums, sodass dann eine Kameraüberwachung als rechtmäßig zu erachten ist.
Bei Personen, die sich außerhalb der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums auf
dem Parkplatzgelände aufhalten, sind berechtigte Interessen, wie beispielsweise
das Erledigen von Einkäufen, nicht offensichtlich zu erkennen. Es sind daher
keine zwingenden, den Eigentumsschutz des Klägers überwiegenden Gründe
erkennbar, sich in dieser Zeit auf dem Gelände des Klägers aufzuhalten. Gleichzeitig
kommt jemand, der sich außerhalb der Geschäftszeiten – und damit vor allem in
den Nachtstunden – auf dem Parkplatz aufhält, eher in Betracht Straftaten zu
begehen, als jemand, der den Parkplatz zu den Öffnungszeiten nutzt.
Ermessensfehler sind
nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Beklagte den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet, indem er mit der zeitlichen
Beschränkung der Kameraüberwachung dem Umstand Rechnung trägt, dass eine
besondere Gefährdungslage hier nur außerhalb der Öffnungszeiten der Einzelhandelsbetriebe
anzuerkennen ist.
b) Die Verfügung
unter Ziffer 5 des Bescheids vom 23. November 2018, wonach der Kläger die
beschränkten Aufnahmezeiten nachzuweisen hat, ist rechtmäßig.
Auf Grundlage von
Art. 58 Abs. 1 Buchst. a DSGVO kann die Aufsichtsbehörde zur effektiven
Kontrolle ihrer – rechtmäßigen (siehe oben) – Grundverfügung (Ziffer 3 des
Bescheids) verlangen, dass der Kläger die beschränkten Betriebs- und
Aufnahmezeiten von Kamera 2 nachweist.
4. Die Verfügungen
in Bezug auf die Kameras 3 und 4, wonach diese neu auszurichten sind (Ziffer 6
des Bescheids vom 23. November 2018) (a)) und dies dem Beklagten nachzuweisen
ist (Ziffer 7 des Bescheids) (b)), sind rechtmäßig. Kamera 3 erfasst im
Wesentlichen die Werbetafel und einen kleinen Ausschnitt von der Bundesstraße ...,
der Bahntrasse und eines Wohnhauses. Kamera 4 filmt maßgeblich die andere Seite
der Werbetafel sowie einen kleinen Ausschnitt des Parkplatzes.
a) Die Verfügung
unter Ziffer 6, wonach die Kameras 3 und 4 so auszurichten sind, dass die
bisher teilweise mitgefilmte Straße, der Parkplatz und das Wohnhaus nicht mehr
in den Erfassungswinkel der Videokameras fallen, ist rechtmäßig.
Die Anordnung, die
Kamera so auszurichten, dass sie die Straße, den Parkplatz und das Wohnhaus
nicht mehr erfasst, kann der Abhilfebefugnis nach Art. 58 Abs. 2 Buchst. d
DSGVO zugeordnet werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. März 2019 a.a.O., juris,
Rn. 42).
Eine rechtswidrige
Datenverarbeitung liegt vor, soweit vom Erfassungswinkel der Kameras 3 und 4
nicht nur die Werbetafel erfasst wird. Soweit nur die Werbetafel gefilmt wird,
werden keine personenbezogenen Daten verarbeitet, sodass es sich um eine
datenschutzrechtlich unproblematische Datenverarbeitung handelt. Sofern am Rand
des Bildausschnitts der beiden Kameras jedoch die Straße, der Parkplatz und das
Wohnhaus erfasst werden, können personenbezogene Daten verarbeitet werden.
Diese Datenverarbeitung ist nicht gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f
DSGVO gerechtfertigt.
Auch insofern
fehlt es bereits an der Erforderlichkeit der Videoüberwachung zum Schutz des
klägerischen Eigentums an der Werbetafel. Eine besondere Gefährdungslage kann
auch hier allenfalls außerhalb der Öffnungszeiten des Einkaufszentrums
angenommen werden. Angesichts des nur sehr kleinen Bildausschnitts, mit dem
personenbezogene Daten erfasst werden können, ist darüber hinaus zweifelhaft,
inwieweit die Kameraaufnahmen überhaupt geeignet sind, dem vom Kläger beabsichtigten
Schutz seiner Werbeanlage zu dienen. Vor allem aber hat der Kläger in der
mündlichen Verhandlung selbst erklärt, dass er diese Randbereiche gar nicht mit
seiner Kameraüberwachung aufzeichnen möchte. Eine Ausrichtung der beiden
Kameras allein auf die Werbetafeln sei bisher nur aus technischen Gründen nicht
gelungen. Der Kläger bezweckt mit den Kameras 3 und 4 damit also weder die
Verarbeitung von personenbezogenen Daten noch den Schutz seiner Werbeanlage. Er
hält damit die Videoüberwachung durch die Kameras 3 und 4 selbst nicht für
erforderlich, um seine Werbeanlagen zu schützen.
Ermessensfehler
sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Beklagte sein Auswahlermessen
unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ausgeübt. In Bezug auf Kamera
3 wäre auch eine zeitliche Beschränkung der Aufnahmezeiten auf die
Öffnungszeiten der Einzelhandelsbetriebe – entsprechend der Verfügung unter
Ziffer 3 in Bezug auf Kamera 2, die ebenfalls den Parkplatz filmt – nicht als
milderes Mittel anzusehen, da es dem Kläger mit Kamera 3 maßgeblich darum geht,
die Werbeanlage – zeitlich unbeschränkt – zu erfassen.
b) Die Verfügung
unter Ziffer 7 des Bescheids vom 23. November 2018, wonach der Kläger die
Neuausrichtung von Kamera 3 und Kamera 4 nachzuweisen hat, ist rechtmäßig.
Auf Grundlage von
Art. 58 Abs. 1 Buchst. a DSGVO kann die Aufsichtsbehörde zur effektiven
Kontrolle ihrer – rechtmäßigen (siehe oben) – Grundverfügung (Ziffer 6 des
Bescheids) verlangen, dass der Kläger die Neuausrichtung der beiden Kameras
nachweist.
5. Die Androhung
von Zwangsgeldern für den Fall, dass der Kläger die verschiedenen Verfügungen
nicht bis zum 15. Dezember 2018 umsetzt (Ziffer 9 des Bescheids vom 23. November
2018) ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, (§ 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO).
In der
Zwangsmittelandrohung muss gemäß § 66 Abs. 1 Satz 3
Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz – LVwVG – zur Erfüllung der Verpflichtung eine
angemessene Frist bestimmt werden. Da die Grundverwaltungsakte unter den
Ziffern 1 bis 7 des Bescheids nicht für sofort vollziehbar erklärt worden sind,
entfaltet eine Klage aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt
auch nicht aus anderen (gesetzlichen) Gründen. In diesem Fall muss die
Fristsetzung an den Eintritt der Bestandskraft oder der Vollziehbarkeit der
Grundverfügung anknüpfen; es ist hingegen nicht zulässig auf kalendermäßig
bestimmte, feste Zeitpunkte abzustellen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil
vom 22. April 2010 – OVG 11 B 9.09 –, juris, Rn. 16 f.).
Die hier erfolgte
Zwangsmittelandrohung ist rechtswidrig, weil dem Kläger in dem Bescheid
vom 23. November 2018 unter Ziffer 8 eine Frist bis zum 15. Dezember 2018
gesetzt wurde, um die verschiedenen angeordnete Maßnahmen umzusetzen. Diese
kalendermäßig bestimmte Frist stellt nicht auf den Eintritt der Bestandskraft
ab. Im Übrigen war am 15. Dezember 2018 noch nicht einmal die Rechtsmittelfrist
abgelaufen. Auch durch die Verlängerung der Frist auf den 4. Januar 2019 durch
den Beklagten, wird dieser Fehler nicht geheilt. Denn bei dieser Fristsetzung
wurde ebenfalls nicht auf den Eintritt der Bestandskraft abgestellt.
Die
Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO.
Der Ausspruch über
die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167
VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung – ZPO –.
Beschluss
Der
Wert des Streitgegenstands wird auf 25.000,00 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und 2
Gerichtskostengesetz – GKG –).
Gründe
Für die Verwarnung (Ziffer 1 des Bescheids
vom 23. November 2018) und die Anordnung der Einstellung sowie des Abbaus
(Ziffer 2) in Bezug auf Kamera 1 war jeweils ein Streitwert in Höhe von 5.000,00
€ (insgesamt 10.000,00 €) anzusetzen. Dabei ist die Kammer in Bezug auf die
Verfügungen unter Ziffer 2 davon ausgegangen, dass für die Einstellung des
Kamerabetriebs 3.750,00 € (d.h. ¾ des Streitwerts in Höhe von 5.000,00 € für
Ziffer 2) und für den Abbau 1.250,00 € (d.h. ¼ von 5.000,00 €) anzusetzen
waren. Für die Kameras 2, 3 und 4 und die damit verbunden weiteren Verfügungen
war je Kamera ein Streitwert in Höhe von 5.000,00 € (insgesamt 15.000,00 €)
anzusetzen. Die Zwangsmittelandrohung hat sich nicht streitwerterhöhend
ausgewirkt (vgl. Ziffer 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die
Verwaltungsgerichtsbarkeit).